Richtig delegieren – Know-How für FührungskräfteLesedauer 3 Min.

“Fang die Wasserbombe.” Wer von uns hatte nicht schon dieses Gefühl, wenn er von seiner Führungskraft ohne klare Anweisungen eine offensichtlich komplexe und gleichzeitig undankbare Aufgabe aufgehalst bekommen hat? Delegieren gehört zu den grundlegendsten und wichtigsten Aufgaben der Mitarbeiterführung. Gleichzeitig kenne ich kaum Führungskräfte, die dabei einen strukturierten Ansatz verfolgen, häufig aber darüber umso mehr darüber jammern, dass ihre Mitarbeiter die übertragenen Aufgaben nicht so erledigen, wie sie sich das vorgestellt haben. Wenn ich bei einem Coaching übrigens “vorgestellt” statt “kommuniziert” höre, ist das ein erster Hinweis auf das, was schief gelaufen sein könnte. In diesem Artikel ein paar wichtige Tipps.

Delegieren: Von lieb gewonnenen Kindern und hässlichen Entlein

Praktisch jeder Mitarbeiter merkt intuitiv, was gespielt wird, wenn er eine Aufgabe erhält. Handelt es sich um einen wichtigen und verantwortungsvollen Auftrag? Oder ist die Führungskraft gerade eine verhasste Aufgabe durch Delegieren losgeworden und man sieht ihr die Erleichterung zu deutlich ins Gesicht geschrieben? Leider glauben immer noch viel zu viele Vorgesetzte, dass sie die sprichwörtlichen “Kühlschränke an die Eskimos” verkaufen können. Dabei unterschätzen sie die die Intelligenz ihrer Mitarbeiter so sehr, wie sie ihre eigenen Kommunikationsfähigkeiten überschätzen. Gleichzeitig sind viele Führungskräfte nicht bereit, Aufgaben, die ihnen selbst ans Herz gewachsen sind, abzugeben, weil sie verantwortungsvoll sind, Spaß machen, im Unternehmen für Sichtbarkeit sorgen usw.

Typische Sätze in diesem Zusammenhang:

  • “Den Kunden X betreue ich aber selber weiter, der hat sich so an mich gewöhnt.”
  • “Das mache ich lieber selbst, das erfordert besonderes Können.”
  • “Das Projekt bleibt bei mir, da braucht man den direkten Draht zur Geschäftsleitung.”

Tipp 1: Delegiere möglichst lieb gewonnene Kinder.

Tipp 2: Wenn du hässliche Entlein delegieren musst, belüge deinen Mitarbeiter nicht.

Delegieren: Sachebene

Du kennst sicher folgende Situation: In deinem Outlook erscheint eine E-Mail deines Vorgesetzten, die aus wenigen Worten besteht, zum Beispiel:

  • “Kannst Du Dir das mal ansehen?”
  • “Bitte übernehmen.”
  • “Das ist doch Dein Spezialgebiet.”

An selbiger E-Mail hängen acht bis zehn weitere Nachrichten, offensichtlich hat das Thema schon mehrere Abteilungen beschäftigt, bevor es bei dir gelandet ist. Mit einem Anflug von Ärger beginnst du zu lesen …

Seien wir ehrlich: Delegieren ist das “Bread and Butter” einer Führungskraft, es ist Handwerk. Und fast jede Führungskraft hat diverse Trainings zu Themen wie Projektmanagement, SMARTe Ziele, Prioritäten usw. erhalten. Zeit, diese schlummernden Fähigkeiten und Kenntnisse einzusetzen. Anders ausgedrückt greift hier das sogenannte “CiCo”-Prinzip: Crap in, Crap out. Keine Führungskraft sollte sich wundern, wenn eine auf obige Weise delegierte Aufgabe nicht zur Zufriedenheit erledigt wird.

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Tipp 3: Nutze dein Wissen. Formuliere die Aufgabe klar und setze Techniken wie SMART (specific, measurable, attractive, realistic, timely) ein. Was genau soll der Mitarbeiter bis wann erledigen? Welche Hilfestellung von deiner Seite braucht er vielleicht? Das sind wenige, aber gut investierte Minuten.

Delegieren: Beziehungsebene

Das Leben besteht nicht nur aus Sachinformation (siehe dazu auch den Artikel über die Vier Seiten einer Kommunikation). Das Delegieren von Aufgaben berührt im besonderen Maße die Führungsbeziehung. Jede Führungskraft sollte den Unterschied zwischen “Headship”, d. h. Macht qua Organigramm, und “Leadership”, d. h. von den Mitarbeitern zuerkannte Autorität, kennen.

Tipp 4: Wenn du eine Aufgabe delegieren willst oder musst, die dem Mitarbeiter sozusagen viel Arbeit und wenig Ehre einbringt, solltest du auf eine wertschätzende Kommunikation achten und die Problematik offen ansprechen.  Wie oben schon gesagt: Lügen haben hier kurze Beine.

Tipp 5: Nutze das Übertragen verantwortungsvoller Aufgaben, um die Führungsbeziehung zu vertiefen, indem du die Wichtigkeit betonst und dein Vertrauen in den Mitarbeiter zeigst.

Delegieren: Verantwortung übertragen und Lorbeeren verteilen

Das Augenmerk der meisten Führungskräfte liegt beim Delegieren von Aufgaben auf dem Thema Workload. Also: Mir selbst fehlen die Ressourcen, also gebe ich das Thema ab. Allerdings sieht man in der Praxis dann häufig zwei Ergebnisse:

  1. Die Aufgabe wird zwar übertragen. Der Vorgesetzte mischt sich aber weiter in alle Details ein. Damit wird der Workload letztlich verteilt und vergrößert.
  2. Die Führungskraft überträgt die Arbeit, behält aber die Lorbeeren für sich.

Beides kann zu tiefer Frustration bei den Mitarbeitern führen und bei der nächsten Aufgabe, die ansteht, wird es nur noch wenige Freiwillige geben.

Tipp 6: Wenn du eine Aufgabe delegierst, dann gib sie auch ab. Sei Coach, nicht Kontrolleur.

Tipp 7: Dein Team trägt dich zum Sieg. Seine Erfolge sind am Ende auch deine Erfolge. Mit einem meuternden Team gewinnst du keine Beförderung.

Delegieren will gelernt sein

Das Delegieren einer Aufgabe ist ein Moment, in dem man eine Führungsbeziehung nachhaltig stärken oder dauerhaft schädigen kann. Die gute Nachricht: Du hast als Führungskraft das Ergebnis zu einem guten Teil in der Hand.

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