Warum Franziska Giffey nicht Berlins Bürgermeisterin werden kann (Update)Lesedauer 2 Min.
Update: Als ich den Artikel am 21.Mai 2021 verfasste, schrieb ich:
Und noch eine Frage drängt sich auf: Wenn jemand bei seiner Doktorarbeit statt Habermas zu lesen lieber aus dem entsprechenden Wikipedia-Artikel zitiert: War das dann das erste Mal?
Oder ist die eine oder andere Haus-, Bachelor- oder Masterarbeit auch auf diese Weise entstanden?
Es wäre zumindest ungewöhnlich, wenn man erst am Ende seiner akademischen Laufbahn auf die Idee kommt, sich solcher Mittel zu bedienen …
Das muss Spekulation bleiben, sonderlich abwegig erscheint das aber nicht.
Mit Blick auf die aktuelle Nachrichtenlage scheint das eine ziemlich realistische Einschätzung gewesen zu sein, denn offenbar ist Franziska Giffeys Masterarbeit ebenfalls in großen Teilen ein Plagiat.
Hier beginnt der Originalartikel:
Franziska Giffey (Fotocredit: SPD Berlin/ Joachim Gern) ist als Familienministerin zurückgetreten. Jetzt wogt die Debatte, ob jemand, der für ein Ministeramt untauglich ist, Bürgermeisterin von Berlin werden soll/darf (muss?).
Die Debatte wird vor allem moralisch geführt. Also: Darf jemand, der wahrscheinlich wissentlich geschummelt hat, wegen solcher charakterlicher Defizite politisch weiter Ämter bekleiden?
Ein blinder Fleck bleibt dabei: der ökonomische.
Blinder Fleck
Dazu eine kurze Geschichte: Als ich vor vielen Jahren meine Stelle als Führungsnachwuchskraft in einem großen Konzern antrat, war unter uns Trainees auch ein Kollege mit einem Doktortitel. Er übernahm dieselben Aufgaben wie wir und durchlief dasselbe Traineeprogramm wie wir.
Aber: Er bekam ab dem ersten Tag ungefähr zehn Prozent mehr Gehalt, also mehrere Tausend Euro pro Jahr.
Die Rechtfertigung war der akademische Grad, den er durch seine Promotion erlangt hatte.
Warum auch nicht? Es dauert Jahre und kann eine Menge Geld kosten, einen Doktortitel zu erlangen, und je nach Fach und Doktorvater kann die ganze Angelegenheit auch ziemlich anspruchsvoll werden.
Dass sich das irgendwann finanziell auszahlt, ist ja völlig in Ordnung. Mit etwas Glück sind Personen mit entsprechendem akademischem Know-how ja auch wertvoller für den jeweiligen Arbeitgeber, sodass eine Win-win-Situation entsteht.
Der Türöffner
Ein weiterer Punkt, der in die gleiche Richtung geht: Wie viele Leute mit Doktortitel kennst du, die von Hartz vier leben? Genau.
Ein solcher Titel öffnet häufig Türen, schafft Respekt bei anderen und kann handfeste Vorteile für die eigene Karriere bringen.
Eine Unterstellung
Und noch eine Frage drängt sich auf: Wenn jemand bei seiner Doktorarbeit statt Habermas zu lesen lieber aus dem entsprechenden Wikipedia-Artikel zitiert: War das dann das erste Mal?
Oder ist die eine oder andere Haus-, Bachelor- oder Masterarbeit auch auf diese Weise entstanden?
Es wäre zumindest ungewöhnlich, wenn man erst am Ende seiner akademischen Laufbahn auf die Idee kommt, sich solcher Mittel zu bedienen …
Das muss Spekulation bleiben, sonderlich abwegig erscheint das aber nicht.
Schlussfolgerung: Rückzug, Frau Giffey!
Natürlich kann niemand sagen, wie viel Ihrer Karriere Frau Giffey ihrem Doktortitel zu verdanken hat.
Und vielleicht ist das auch ein Stück weit das Problem. Könnte man das Ganze in Euro und Cent umrechnen, und sie würde das Geld zum Beispiel als Wiedergutmachung für wohltätige Zwecke spenden, hätte man zumindest den Eindruck einer glaubhaften Geste.
So bleibt aber nur das ungute Gefühl, dass hier jemand seiner Karriere mit einem “Dr.” vor dem Namen den entscheidenden Schwung verpasst und nicht den Anstand hat, eben diese Karriere nun zu beenden.
Man muss natürlich noch das endgültige Urteil der Universität abwarten, aber der Fall scheint ziemlich klar zu sein.
Wie Guttenberg und Schavan sollte Franziska Giffey daher von einer Bewerbung um das Amt der Bürgermeisterin von Berlin absehen und sich aus der Politik zurückziehen. Aus moralischen Gründen, aber auch, weil sie sich durch Betrug Karrierevorteile verschafft hat.
Die Nibelungentreue der SPD, die sich in verzweifelter Geschlossenheit hinter eine ihrer letzten Sympathieträgerinnen gestellt hat, sollten die Wähler aber auf jeden Fall im Kopf behalten, wenn sie im September an die Wahlurne treten.