Unsere Kinder sollen es einmal besser haben. – Genau hingehörtLesedauer 3 Min.

Den Satz „Unsere Kinder sollen es einmal besser haben“ hast du sicher auch schon oft gehört. Eine Selbstverständlichkeit, oder? Aber was heißt das eigentlich? Und leben wir auch so? Gerade bei Selbstverständlichkeiten ist es häufig ja interessant, etwas genauer hinzuschauen bzw. zu hören.

Unser genetisches Programm

Im ersten Moment mag man das für genetisch halten, ein aus der Evolution vererbtes Verhalten, dass sich tief in unsere „Programmierung“ eingeschlichen hat. Die Eltern geben dem Nachwuchs die besten Chancen auf den Weg, damit sich die eigene Art langfristig durchsetzt. In dieser Logik ist es dann auch nicht ungewöhnlich, dass dazu das Fressen der eigenen Kinder gehören kann – jedenfalls im Tierreich. Wer dazu mehr lesen möchte, findet einen interessanten Artikel auf der Internetseite der, man glaubt es kaum, Allianz Versicherung.

Das zeigt vielleicht auch, dass uns diese Theorie, mag sie nun richtig oder falsch sein, an der Stelle nicht allzu viel weiterhilft.

Die gute alte Zeit

Wenn man den Satz in der Eltern- oder Großelterngeneration hört, geht es meistens um genau ein Thema: materiellen Wohlstand. Auch wenn sich das Gespräch im ersten Moment um Bildungschancen, Karriere, den Heiratsmarkt, einen Hauskauf oder die Rente dreht, steht hinter dem Satz doch letztlich immer der Wunsch, dass die Kinder mehr Ressourcen haben sollen als man selbst hatte. Gerade bei einer Generation, die den Krieg erlebt hat, keine Überraschung. (Schon eher, dass dieselbe Generation einer angeblich guten alten Zeit hinterher trauert.)

Aber ist das wirklich das Thema der kommenden Generationen?

Noch zeitgemäß?

Wenn du diesen Blog liest, gehörst du mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu den Armen in Deutschland. Und mit „arm“ sind an der Stelle die wirklich Armen gemeint: Rentner in Altersarmut, alleinerziehende Mütter im Sumpf der Sozialhilfe, Obdachlose, Menschen, die sich ihr Essen bei den Tafeln holen müssen, Arbeitnehmer, die durch Lohndumping noch um ihren lächerlich niedrigen Mindestlohn gebracht werden.

Deine Kinder haben es normalerweise materiell gut. Sie haben ein eigenes Zimmer, ein Hobby, Handy und Computer. Sie fahren auf Klassenfahrten mit und sind jedes Jahr im Urlaub. Zur Volljährigkeit bekommen sie den Führerschein geschenkt und jeden Monat geht eine feste Summe in einen Sparvertrag, der für das Studium oder die Ausbildung gedacht ist. Der eine hat etwas mehr, der andere etwas weniger. Einige haben sogar absurd viel mehr. Aber die wenigsten haben deutlich weniger.

Womit sollten wir uns zum Wohle unserer Kinder also beschäftigen.

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Hier ein Vorschlag:

Unsere Kinder sollen es einmal besser haben: Klimawandel

Wir sind mit einem Klimawandel konfrontiert, der große Teile des Planeten unbewohnbar machen könnte. Wenn man vielen Experten glauben darf: wird. Und wir diskutieren darüber, ob ein Elektroauto 300 oder 350 km Reichweite haben muss. SUVs sind Verkaufsschlager. Und natürlich bauen wir in Deutschland noch Braunkohle ab. Statt bis 2050 vielleicht aber nur bis 2035. Wenn das keine Erfolge sind? Wer übrigens noch am Klimawandel zweifelt, einigermaßen Englisch spricht und vier Minuten Zeit hat, sollte den Link zu diesem Video klicken.

Unsere Kinder sollen es einmal besser haben: Migration

Wir jammern über die Flüchtlinge, die nach Deutschland gekommen sind, und sprechen in (menschenverachtender Diktion) von „Flut“, wenn das, was uns erreicht hat, nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Laut UN-Flüchtlingshilfe 2017 waren 68,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Mit welchen Migrationsbewegungen müssen wir rechnen, wenn der Klimawandel in aller Heftigkeit zuschlägt oder noch größere regionale oder global militärische Konflikte ausbrechen? Gleichzeitig schaffen wir es nicht einmal unserer Selbstverpflichtung nachzukommen, pro Jahr 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens in die Entwicklungshilfe zu investieren. Aber Hauptsache, der Rüstungsetat steigt. Wir diskutieren über Rückführungsabkommen für eine Handvoll Asylbewerber an der Deutsch-Österreichischen Grenze, damit eine Partei nicht die Landtagswahl verliert. Und liefern Waffen in Krisengebiete, die dazu beitragen, den nächsten Millionen ihre Heimat zu nehmen. Gnade uns Gott, wenn die Situation es in Deutschland noch einmal soweit kommen sollte, dass man als Demokrat das Land verlassen muss. Was werden wir wohl zu hören bekommen?

Unsere Kinder sollen es einmal besser haben: Frieden

Wir hatten auf deutschem Boden seit über 70 Jahren keinen Krieg mehr. Jahrzehntelangen Frieden mit Ländern wie Frankreich, die vor nicht allzu langer Zeit noch „Erbfeinde“ hießen. Und Deutschland ist heute eines der reichsten und einflussreichsten Länder der Erde, nachdem wir vor zwei Generationen einen Weltkrieg angezettelt und den Holocaust begangen haben. Dafür sollten wir dankbar sein – und die Chance nutzen. Stattdessen beteiligen sich immer mehr Unzufriedene mit dem Wahlzettel an einer Partie Poker um die Demokratie in Deutschland und den Zusammenhalt in der Europäischen Union und setzen ihre Stimme auf Populisten und Radikale, die nichts auf der Hand haben als einen großen Bluff.

Unsere Kinder sollen es einmal besser haben – und zwar wirklich

Wenn unser Anspruch wirklich ist, dass es unsere Kinder einmal besser haben sollen, müssen wir unsere Prioritäten überdenken. Oder geht es uns um eine Art Absolution? Schließlich kann man materiellen Wohlstand verhältnismäßig einfach messen. Außerdem rechtfertigt es unsere eigenen materiellen Wünsche von der nächsten Fernreise, dem größeren Auto usw. Und wenn unsere Kinder am Ende mehr haben als wir, haben wir unsere Schuldigkeit getan. Oder doch nicht?

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