Vom inneren Kritiker zum inneren SongLesedauer 2 Min.
Hör auf die Stimme, hör was sie sagt, sie war immer da, komm’ hör auf ihren Rat
Hör auf die Stimme, sie macht dich stark, sie will dass du’s schaffst
Also hör was sie dir sagt
(Eff, Stimme)
Der Kampf mit dem inneren Kritiker
Im Coaching und Kommunikationstraining habe ich es öfter mit Klienten zu tun, die über einen einschränkenden inneren Dialog, manchmal auch innerer Kritiker genannt, berichten. Sätze wie
- Du bist ein Versager
- War ja klar
- Das klappt doch nie
- Lass es lieber gleich
- usw.
gehören zum Standardrepertoire und gehen in der entsprechenden Situation mit niedrigem Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl einher. Sicher kannst du noch eine Menge ergänzen. Nicht, dass wir als erfolgreiche Berater solche Stimmen selbst schon einmal in unserem Kopf gehabt hätten …
Die Versuche des Klienten, bewusst dagegen zu halten – Stichwort “positives Denken” , scheitern häufig. Außerdem führt dieser Kampf häufig dazu, dass der Klient das Außen gar nicht mehr wahrnimmt, weil er zu sehr auf den Kampf mit seinem inneren Dialog und den entsprechenden Emotionen konzentriert ist.
Den inneren Dialog verändern – klassische Ansätze in der Arbeit mit Klienten
Je nach fachlichem Schwerpunkt des Coaches kommen verschiedene Lösungsstrategien zum Einsatz, um den inneren Dialog zu stoppen oder zu verändern. Einige etwas vereinfachte Beispiele:
- NLP: Veränderung der Submodalitäten, Austauschen durch die Swish-Technik, Reframing (“die gute Absicht”) u. ä.
- Systemische Ansätze: Wer in der “inneren Familie” spricht da? Was ist sein/ihr Ziel?
- Verhaltenstherapie: Auslöser finden und dann ein Gegenverhalten erlernen, das durch Wiederholung konditioniert wird
- Tiefenpsychologie: Analyse, wie diese Stimme entstanden ist und welche Funktionen sie übernimmt
- etc.
Im Sinne eines pragmatischen “The truth is what works” haben alle diese und auch andere Interventionen sicher ihre Berechtigung, wenn sie dem Klienten bei der Bewältigung seiner Schwierigkeiten helfen.
Ich möchte hier noch einen spielerischen Ansatz anbieten, der aber eine gewaltige Wirkung haben kann.
Vom inneren Kritiker zum inneren Song
Jeder von uns kennt es: Wir hören einen Song und der Refrain, eine Textzeile oder ein Melodieschnipsel geht uns den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf. Mit anderen Worten: Wir haben einen “inneren Song”, der jeden anderen inneren Dialog überlagert und den wir nicht bewusst steuern können.
Das führt uns zu einer großartigen Intervention: Lasse den Klienten einen solchen “Ohrwurm” suchen, der ihm eine Ressource für die Bewältigung seines Problems liefert. Falls dem Klient spontan nichts einfällt, gib ihm die Suche, eventuell begleitet von einer kurzen Trance, als Aufgabe mit. In den meisten Fällen berichten mir die Klienten beim nächsten Gespräch, dass ihnen plötzlich und spontan der passende Song eingefallen ist. Häufig taucht der innere Song dann plötzlich auch in den problematischen Situationen auf und verdrängt den früheren inneren Dialog.
Ein paar Beispiele (alle Songs gibt es beispielsweise bei Amazon zum Download, viele sogar kostenlos mit einem recht günstigen Abo von Amazon Musik):
- Probier’s mal mit Gemütlichkeit
- Ein bisschen Spaß muss sein
- Mit 66 Jahren da fängt das Leben an
- I did it my way
- Eye of the tiger
- Hör auf die Stimme
Drei weitere Tipps:
- Achte bei der Reaktion des Klienten auf seine non-verbale und paraverbale Hinweise. Es sollte ein deutliche positive Veränderung durch den inneren Song zu sehen sein, z. B. Versöhnungphysiologie, Aufrichten des Körpers, kräftigere Stimme usw.
- Du kannst diese Technik auch verdeckt einsetzen. Fällt dir ein Song mit einer geeigneten Botschaft ein, biete ihn dem Klienten einfach einmal an: “Das erinnert mich an das Lied xxx. Wäre gut, wenn Sie das öfter im Kopf hätten.”
- Der Song, den der Klient gefunden hat, kann dir wertvolle Informationen liefern, in welche Richtung du noch weiterarbeiten solltest. Das bietet sich insbesondere an, wenn der gefundene Song keine nachhaltige Lösung darstellt, also z. B. “Alkohol ist dein Sanitäter in der Not” …
Hier noch eine Zeile, die mich selbst in den letzten Tagen begleitet hat:
Du hast die Rolex, doch ich hab die Zeit / Du hast den Benz, doch ich hab’s nicht weit.
(KMPFSPRT, Freut euch nicht zu spät)
Und welcher war dein letzter Song? Und noch wichtiger: Welcher wird dein nächster?