Taler schwimmt mitLesedauer 1 Min.
Taler geht den Weg des geringsten Widerstandes.
Im Lauf seiner Karriere hat er gelernt, sich der Meinung seiner Vorgesetzten vorbehaltlos anzuschließen.
Mehr noch: Er weiß inzwischen meistens schon vorher, welcher Schwachsinn gleich wieder über ihn hereinbricht, und bereit sich entsprechend darauf vor.
Das hat ihm bei seinen Chefs den Ruf großer Intelligenz eingebracht.
Hat Taler früher noch innerlich darüber gelacht, so hat er sich auch das inzwischen abgewöhnt.
Das war natürlich nicht immer so. Gerade in seinen ersten Berufsjahren hat er, ganz junger Wilder, immer wieder einmal den Mund zu weit aufgerissen. Eigenmächtig Ideen eingebracht. Entscheidungen seines Vorgesetzten „gechallenged“, wie man damals noch sagte.
Und er ist auch mancher Auseinandersetzung nicht aus dem Weg gegangen, wenn es um Wichtiges ging.
Lange her. Und was ist am Ende schon wichtig?
Über die Jahre hat Taler gelernt, sich anzupassen.
Einfach ohne zu Zögern “Ja” zu sagen.
Worum es auch geht.
Der Herde zu folgen.
Mit dem Strom zu schwimmen.
Das spart Energie, sagt er sich.
Inzwischen erinnert sich Taler immer rechtzeitig daran, zu vergessen.
So fallen ihm Widersprüche erst gar nicht mehr auf.
Beispiel gefällig?
- Vorgesetzter Ende November: „Wir haben ein Umsatzproblem. Wie ist das möglich? Sowas können wir uns so kurz vor Jahresende nicht leisten. Holen Sie um jeden Preis Aufträge rein, auch wenn wir die Preise senken und bei der Profitabilität ein Auge zudrücken müssen.“
- Vorgesetzter Ende Januar: „Wir haben ein Profitabilitätsproblem. Wie ist das möglich? Sowas können wir uns zu Jahresbeginn nicht leisten. Auch wenn es uns Umsatz kosten wird: Sie müssen die Preise erhöhen.“
Früher hätte Taler sich in solchen Momenten vielleicht an die Aussage im November erinnert und Widerstand geleistet.
Aber inzwischen hat er ganz tief in seinem Unterbewusstsein verinnerlicht, dass das sowieso nichts nützen würde.
Vor allem, weil sein Vorgesetzter von Ende November nur selten auch sein Vorgesetzte von Ende Januar ist.
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