Tanker, Hamsterrad oder Haifischbecken: UnternehmensmetaphernLesedauer 3 Min.
Ich erinnere mich noch gut an die Antwort eines CEOs eines internationalen Großkonzerns, zur Frage nach seiner Vision für das Unternehmen. Die Antwort: “We are too much like a friendly dolphin. We need to get sharky.” Vom freundlichen Delphin zum aggressiven, gefürchteten und gefräßigen Hai sollte es also gehen. In kurzer Zeit machte dieses Bild bei den Mitarbeitern die Runde – allerdings nicht so, wie sich besagter CEO das wohl vorgestellt hatte. Schlecht gelaufene Übernahme eines Konkurrenten – da waren wir wohl zu “sharky”. Entlassungen angekündigt – es wird richtig “sharky” hier. Ärger mit einem Kollegen – der ist zu den “Sharkys” übergelaufen usw. Bei der gezielten Verwendung von Unternehmensmetaphern kann also einiges falsch laufen. Was es zu beachten gilt, erfährst du hier.
Deine Unternehmensmetapher
Eine kleine Vorübung:
- Denke einmal kurz nach, mit welchem Bild du dein Unternehmen beschreiben würdest und warum.
- Frage dich, warum dein Unternehmen beispielsweise kein Haifischbecken, Tanker, Schnellboot, Zirkus, Familie, Altersheim, Kindergarten etc. ist. Anders gefragt: Welche Eigenschaften deines Unternehmens waren entscheidend dafür, dass dir dein Bild in den Kopf gekommen ist und kein anderes? Welches Selbstverständnis steckt dahinter?
- Hat sich dein Bild über die Zeit verändert? Warum?
- Welches Bild deines Unternehmens oder deiner Organisation würde dir gefallen? Wovon wärst du gerne ein Teil? Was fehlt dazu in deinem Unternehmen?
Unternehmensmetaphern für den Wandel nutzen
Nun ist es prinzipiell ja eine gute Idee, den Wandel in einer Organisation über ein griffiges Bild, eine Analogie oder eine Metapher zu verankern. Im besten Fall führt das zu stärkere Bindung der Mitarbeiter an die Organisation. Allerdings sollte man so eine Intervention gut vorbereiten. Das bedeutet:
- Unternehmensmetaphern haben nur eine begrenzte Reichweite und können potenziell in ihr Gegenteil verkehrt werden (siehe weiter unten). Die Vor- und Nachteile verschiedener Metaphern sollten genau abgewogen werden.
- Welche Eigenschaft will ich durch das Bild hervorheben, welche schwächen?
- Wie entwickle und kommuniziere ich diese Metapher? Stichwort partizipativer Führungsstil: Je mehr Mitarbeiter an der Entwicklung aktiv teilgenommen haben, desto höher wird die Akzeptanz sein. In der Realität ist dagegen immer noch oft die “Technik des Bombenwurfs” zu beobachten, also Top-Down-Kommunikation ohne Beteiligung der Mitarbeiter. Vorteil: Geht schnell. Nachteil: Gefahr großer Widerstände.
- Grundsätzlich ist es empfehlenswert, bei der Vermittlung von Unternehmensmetaphern aktiv die Grenzen zu kommunizieren und damit mögliche Anti-Metaphern und Einwände vorwegzunehmen. Der CEO könnte sich also beispielsweise folgendermaßen an seine Belegschaft wenden: “Mir ist klar, dass dieses Bild etwas verkürzt ist und nicht alles abdeckt, was uns als Unternehmen ausmacht. Kein Bild kann das – und darum geht es mir auch nicht. Ich möchte Ihnen vermitteln, welche gewaltigen Möglichkeiten und Ressourcen ich in unserem Unternehmen und in jedem von Ihnen spüre. Diese schöpfen wir im Moment aber noch nicht voll aus. Das möchte ich ändern, zähle dabei auf ihre Unterstützung und freue mich auch über konstruktive Kritik. Lassen Sie uns gemeinsam darüber sprechen, wie uns dieses Bild helfen kann, noch erfolgreicher zu werden. Deshalb bin ich gespannt darauf, Ihre Meinung zu hören. Wir werden einige Zeit brauchen und es wird sich lohnen, davon bin ich überzeugt.” (Als kleiner Hinweis für die NLP-Anwender unter den Lesern: Einsatz des Milton-Modells, Verwendung verschiedener Repräsentationssysteme)
Ein konkretes Beispiel: Hai im Goldfischglas
Stelle dir folgende Situation vor: Ein CEO antwortet auf die Frage, wie er sich die zukünftige Entwicklung des Unternehmens vorstellt, folgendermaßen: “Wir müssen aufhören, einer der vielen braven Goldfische zu sein. Wir wollen der Hai im Goldfischglas werden.”
Was der CEO meint:
- Uns fehlt eine Differenzierung vom Wettbewerb.
- Wir wollen auf Kosten der Konkurrenz Marktanteile dazu gewinnen.
- Es herrscht in diesem Markt ein starker Verdrängungswettbewerb nach dem Motto: “Fressen oder gefressen werden.”
- Gegebenenfalls schlucken wir auch das eine oder andere Unternehmen, um uns zu verstärken.
- Wir können unsere Größe noch mehr ausspielen.
- Wir wollen nicht selbst zum Übernahmekandidaten werde.
- Dieser Schritt ist für das Unternehmen überlebenswichtig.
- Ich möchte mehr Hunger auf Erfolg und Begeisterung bei meinen Mitarbeitern wecken.
- Die Mitarbeiter sollen stolz darauf sein, dass die Konkurrenz uns fürchtet.
- usw.
Wie Mitarbeiter möglicherweise reagieren:
Meinung über das Unternehmen | Übersetzung innerhalb der Metapher |
Übernahmen sind riskant | Dann verschlucken wir uns hoffentlich nicht an einem dieser angeblich so leckeren Goldfische. |
Das Umfeld lässt keine Differenzierung zu | Ein Hai im Süßwasser? Das wird ein kurzes Vergnügen. |
Unternehmen ist zu groß und langsam für den Wandel | Wenn der Hai versucht zu jagen, zerbricht er das ganze Goldfischglas. |
Konkurrenz wird unterschätzt | Von wegen Goldfische. In diesem Glas wimmelt es nur so von Piranhas. |
Drohender Verlust einer als positiv empfundenen Unternehmenskultur | Wenn ich bei einem Hai arbeiten wollte, hätte ich gleich zum Unternehmen XYZ gehen können. |
Wenn du dich dem Thema etwas ausführlicher beschäftigen willst, findest du bei Amazon den Klassiker “Bilder der Organisation” von Gareth Morgan.
Und hier das englische Original:
Wie wirken die Unternehmensmetaphern, die du aus deinem Unternehmen kennst, auf dich? Ich freue mich auf deine Kommentare.