Emotionsarbeit: Immer schön weiterlächelnLesedauer 2 Min.
Egal ob Call Center Agent, Vertriebsmitarbeiter, Flugbegleiter, oder Psychotherapeut: Besonders die Arbeit im Dienstleistungssektor bedeutet immer auch Emotionsarbeit, d.h. die positive Gestaltung der Beziehung zum Kunden oder Klienten. Welche Folgen das haben kann, erfährst du hier.
Watch your smile
In einer Szene des amerikanischen Psycho-Thrillers “One Hour Photo” verlässt Robin Williams in der Rolle eines Supermarkt-Mitarbeiters den Pausenraum, um an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren. Er kommt dabei an einem Spiegel vorbei, der die unmissverständliche Aufforderung “Watch your smile!” (deutsch: Achte auf Dein Lächeln) trägt.
Diese – hier sehr ausdrückliche – Form der Verhaltensaufforderung an Mitarbeiter ist typisch für die Arbeit im Dienstleistungssektor. Aber sicher kennst du auch aus deiner eigenen beruflichen Praxis Situationen, in denen du deine wahren Gefühle versteckt hast, um beispielsweise einen Verkauf zu erzielen oder einen verärgerten Kunden zu besänftigen. Das kann sich alles andere als angenehm anfühlen.
Was ist mit Emotionsarbeit gemeint?
Emotionsarbeit bedeutet nichts anderes, als dass man neben der sachlichen Aufgabe, die man bewältigt, auch die Beziehung zum Kunden oder Klienten positiv gestalten muss.
Es wäre natürlich schön, wenn man für diese doppelte Arbeit auch doppelt bezahlt würde. Aber das Leben ist ja selten gerecht.
Häufig geben Unternehmen dabei sogenannte „Display Rules“ vor, also Normen und Standards, die anzeigen, welche Gefühle und Emotionen in einer Situation als angemessen akzeptiert werden und welche nicht. Das kann zum Beispiel die Aufforderung sein zu lächeln und mit ruhiger Stimme zu sprechen, auch wenn ein Kunde laut oder aggressiv auftritt.
Anders gesagt:
– Zeige bestimmte Emotionen, egal wie du dich wirklich fühlst.
– Erzeuge positive Gefühlszustände bei deinen Kunden oder Klienten, gleich, wie es dir dabei geht.
Ist Emotionsarbeit stressig?
Ob Emotionsarbeit als Stress empfunden wird, hängt vor allem von folgenden Fragen ab:
- Wie häufig ist der Kontakt zu Kunden? Wie lange und wie intensiv sind die Kontakte?
- Wie strikt sind die „Display Rules“? Wie viel Handlungsspielraum bleibt (zum Beispiel Gesprächsabbruch, Ausdruck von Irritation oder Verärgerung)?
- Wie groß ist die emotionale Dissonanz, d. h., wie weit weicht der wahre Gefühlszustand des Mitarbeiters vom geforderten Gefühlsausdruck ab?
Was sagt die Forschung?
Es gibt vielfältige Untersuchungen zur Emotionsarbeit. Die frühesten Arbeiten gehen bis in die siebziger Jahre zurück und beschäftigen sich mit der Arbeit von Flugbegleiterinnen. Eine neuere Studie ist zum Beispiel „Emotion work and job stressors and their effects on burnout“ von Dieter Zapf (Quelle: Psychology & Health, Vol 16(5), 2001. Special Issue: Burnout and Health. pp. 527-545). Ein kurzes Abstract kann man kostenlos lesen.
Als wichtiges Ergebnis bleibt festzuhalten, dass besonders das Gefühl emotionaler Dissonanz das Risiko eines Burn-outs deutlich erhöht. Anders gesagt: Wer das Gefühl hat, in seiner Arbeit keinen Platz für seine eigenen Gefühle zu haben, ist gefährdet.
Selbsteinschätzung
Vielleicht fragst Du dich nun, wie erfolgreich du mit Emotionsarbeit an deinem Arbeitsplatz umgehst?
Folgende Übung kann hilfreich sein:
Denke über Deine Arbeit nach und frage dich, welche Display Rules für dich gelten.
Stelle dir dann folgende Fragen:
1. Verstehe ich, warum es diese Regeln gibt?
2. Kann ich sie akzeptieren?
3. Bleiben mir trotz der Display Rules noch Handlungsspielräume? Kann ich noch der sein, der ich bin?
4. Befinde ich mich nur selten im Zustand emotionaler Dissonanz, handle also selten gegen die Emotionen, die ich fühle?
Wenn du diese Fragen überwiegend mit „Ja“ beantwortet hast, scheinst Du mit Emotionsarbeit am Arbeitsplatz keine Schwierigkeiten zu haben.
Hast Du überwiegend mit “Nein” geantwortet, dürfte sich deine Tätigkeit sehr belastend anfühlen.
Welche Erfahrung hast du in deiner Tätigkeit mit Emotionsarbeit gemacht? Wie gehst du mit belastenden Erfahrungen um?