Eindrücke zur Coronavirus-Pandemie – 14.12.2021: Worüber zu wenig geredet wirdLesedauer 50 Min.
14.12.2021: Worüber zu wenig geredet wird
Und wieder war gestern dieses ungute Gebräu aus Verängstigten, Extremisten und Dummköpfen auf der Straße, um gegen die Corona-Maßnahmen zu demonstrieren. Ein paar Tausend in ganz Deutschland machen also mal wieder Krach.
Und wieder sind die Nachrichten voll mit den entsprechenden Bildern. (Wer in diesem Zusammenhang übrigens einen Beweis braucht, dass wir nicht im totalitären Regime einer Scholz-Diktatur (klingt fast noch ein bisschen lächerlicher als Merkel-Diktatur) leben, sollte sich mal kurz überlegen, was der Staatsapparat in China oder Belarus mit solchen Demonstranten gemacht hätte – und ob es Telegram im App Store überhaupt noch gäbe.)
Worüber man stattdessen reden könnte – und deutlich mehr und lauter reden sollte: wie viele Menschen sich jeden Tag still und friedlich impfen lassen, um die Pandemie unter Kontrolle zu bekommen.
Beispiel NRW: Allein am 13.12. waren es fast 80.000, die sich ihre Erst-, Zweit- oder Boosterimpfung geholt haben.
Es ist also glasklar, auf welcher Seite die Mehrheit der Bevölkerung steht.
Diese Mehrheit hat (zu) lange geduldig geschwiegen, möglicherweise in der Hoffnung, dass sich wissenschaftliche Tatsachen und Vernunft irgendwann doch noch durchsetzen.
Aber spätestens, wenn wir mit der Omikron-Variante auf eine fünfte Welle zusteuern, dürfte diese Geduld bei Gastronomen, Eltern, Schulkindern, Krankenhauspersonal, Hinterbliebenen und so vielen anderen Gruppen, die unter der Pandemie leiden, endgültig erschöpft sein.
Und dieser Frust dürfte sich dann nicht nur gegen die Politik richten, die die Probleme sicherlich zum Teil mitzuverantworten hat, sondern auch und vor allem gegen jene unbelehrbare Minderheit, die noch immer viel zu sehr die Nachrichten beherrscht.
Da freut man sich schon beinahe auf die Einführung der Impfpflicht und die Verteilung der ersten Bußgelder – und reibt sich gleichzeitig die Augen, dass es so weit kommen musste.
6.12.2021: Hoffnung
Alternative Schlagzeile der Zeitung mit den vier Buchstaben:
DEUTSCHLAND PIEKSI-PIEKSI !!!
29.11.2021: Zeit, Danke zu sagen
Passend zum Advent ist es heute Zeit, einmal ganz laut Danke zu sagen!
Danke an alle Querdenker, Impfskeptiker und Corona-Leugner. Ohne euch wären meine Auftragsbücher wohl nicht halb so voll. Kontaktbeschränkung? Lock-down? Das ist Musik in meinen Ohren. Der Rückzug aus der feindlichen Welt hat auch schon einen coolen Namen: Metaverse.
In diesem Sinne: Gebt nicht auf, (des)informiert euch weiter und haltet die Pandemie am Laufen, solange ihr könnt. Es gibt sicher noch ein YouTube-Video, das ihr noch nicht gesehen habt, eine Telegram-Gruppe, der ihr euch noch anschließen könnt.
Und wenn es zwischen Mutanten verharmlosen, Impfnebenwirkungen erfinden und Verschwörungserzählungen fabrizieren mal langweilig wird?
Keine Sorge, dann bleiben ja immer noch Karl Lauterbach und Christian Drosten zum Abreagieren auf Facebook und Twitter.
Ignoriert weiter die Wissenschaft und schimpft wahlweise auf Bill Gates oder Angela Merkel (Sie ist bald nicht mehr Kanzlerin? Na und, jetzt erst recht!). Irgendjemand muss an dem ganzen Unglück auf der Welt ja die Schuld tragen – also irgendjemand außer euch, natürlich.
Unterstützt die Hildmanns, Ballwegs und Naidoos dieser Welt. Es gibt bestimmt noch ein paar vegane Köche, Betriebswirte und Sänger, die es besser wissen als all die Virologen, Epidemiologen und sonstige -ogen zusammen, denen sich die naiven/korrupten/machtgierigen Politiker ausgeliefert haben.
Und außerdem: Wen kümmern Naturwissenschaften und Statistik, wenn man stattdessen auch ein Bauchgefühl haben kann?
Die paar Hundert Toten am Tag und ausgebrannten Mitarbeiterinnen im Gesundheitswesen sind da Kollateralschäden, die man halt so grippemäßig in Kauf nehmen muss – wenn es sie überhaupt gibt. Man kommt ja leider so selten auf eine Intensivstation.
Obwohl, wenn man die Impfung noch eine Weile aussitzt, kann sich vielleicht ja doch bald selbst überzeugen. Zumindest solange, bis die Sedierung einsetzt und der Schlauch im Hals steckt.
Aber sehen wir wie immer das Positive: Dann können die Kerzen am Adventskranz gleich eine Doppelbedeutung übernehmen – und die Angehörigen sparen sich mit etwas Glück die Grablichter.
05.05.2021: Indien
Mit Blick auf die schrecklichen Bilder, die man im Moment aus Indien zu sehen bekommt, fühlt man sich – leicht abgewandelt – an den alten Werbespot eines bekannten Spülmittelherstellers erinnert: Und während die in Villariba schon weider im Biergarten feiern, wird in Villbajo immer noch erstickt.
Man kann vieles an der Pandemiebekämpfung in Deutschland kritisieren, und sicher hätte man mehr Menschen retten und weniger Schleifspuren in der Wirtschaft hinterlassen können – ganz zu schweigen von den Kindern, die unter den Ausnahmebedingungen der Pandemie massiv leiden und noch eine ganze Zeit weiter leiden werden.
Aber die gegenwärtige Situation in Indien führt einem dann noch einmal glasklar vor Augen, auf was wir ohne Schutzmaßnahmen auch in Deutschland zugesteuert wären.
Vielleicht etwas “food for thought” für diejenigen, die mit dem Satz “There is no glory in prevention” und seinen Implikationen nach wie vor intellektuell überfordert sind …
26.04.2021: PLURV
Es ist schon erstaunlich, mit welcher Hartnäckigkeit immer noch wissenschaftliche Tatsachen geleugnet werden. Unter dem Kürzel “PLURV” sind dazu häufige Techniken zusammengefasst.
Im Artikel “Haben Sie heute schon gePLURVT” findest du weitere Informationen.
14.04.2021: Das haben wir schon immer so gemacht …
Der Dreiklang der deutschen Demokratie lautet ja bekanntlich:
- Das haben wir schon immer so gemacht.
- Das haben wir noch nie so gemacht.
- Wo kämen wir denn dahin?
Schon der Soziologe Max Weber nannte die (deutsche) Bürokratie bekanntlich ja ein “stahlhartes Gehäuse der Hörigkeit”.
Die Antworten in der Pandemie, die an diesem Gehäuse rütteln, müssten entsprechend lauten:
Zu 1: Dann wird uns das in einer völlig neuartigen Situation möglicherweise nicht viel nützen.
Zu 2: Dann sollten wir es vielleicht mal ausprobieren.
Zu 3: Vielleicht aus dem Lockdown und der Pandemie raus.
Aber stattdessen beschäftigen wir uns jetzt lieber ausgiebig mit der Frage, ob ein bayerischer Bienenschützer (Nein!) oder ein nordrhein-westfälischer Kohlekumpel (Erst recht nicht!) den besseren Bundeskanzler abgeben wird.
Bei all den aufgeregten Stimmen möchte man der CDU/CSU zurufen: Leute, entspannt euch. Wozu die Aufregung? Am Ende wird es doch Frau Baerbock.
Macht lieber mal was Sinnvolles, und kümmert euch um die Pandemie.
Stichwort Pandemie: Es ist schon erstaunlich, wie entspannt sich anscheinend einige aus unserer Mitte (Hallo, FDP!) bzw. vom rechten Rand (Hallo, AfD) mit mehreren Hundert Corona-Toten pro Tag abgefunden haben, frei nach dem Motto: Ich lasse mir doch von ein paar röchelnden Patientinnen und jammernden Intensivpflegern nicht meinen Abendspaziergang versauen.
Eine Prise Sozialdarwinismus lässt sich eben in vielen Weltanschauungen gut unterbringen.
Aber wenigstens zieht der Bund jetzt per Infektionsschutzgesetz die Kompetenzen an sich: Nach den bisherigen Erfolgsgeschichten “Masken”, “App”, “Impfstoffe”, “Schulen” und “Tests” ist der Erfolg damit quasi schon garantiert.
Schon spannend: Man fragt sich gar schon nicht mehr, ob die Sache schiefgeht, sondern nur noch wie.
Apropos App: Anstatt zu klären, in wieweit der Datenschutz als ein Grundrecht unter mehreren jetzt eben auch übergangsweise ein paar Federn lassen muss, und dann die mit großem Brimborium von SAP und Telekom entwickelte und millionenfach heruntergeladene Corona-Warn-App aufzubohren, kaufen wir jetzt lieber bundeslandweise die Fanta4-App “Luca”.
Schon erstaunlich, dass das eher mittel funktioniert.
Bleibt nur zu hoffen, dass diejenigen Unionspolitiker, die bei den Maskengeschäften keine Provision eingestrichen haben, jetzt auch mal zum Zug kommen.
Bei all dem Chaos bleibt einem Großteil der Bevölkerung immerhin ein sonderbar beglückender Gedanke: Selten hat man sich so auf eine Nadel im Arm gefreut wie im Jahr 2021.
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31.03.2021: AstraZeneca, Lockdown und Malle ist wirklich nur einmal im Jahr
Deutschland ist beim Thema Corona eine ziemlich schizophrene Gesellschaft.
Auf der einen Seite hagelt es Beschwerden über ein Zuviel an Bürokratie, über starre Prozesse und fehlenden Pragmatismus.
Wie England müsste man sein. Oder noch besser: wie Israel. Da dürfte sich der eine oder andere Antisemit vor Schmerzen winden. So hat dann auch die Pandemie ihr Gutes …
Wenn es dann aber bei Millionen Geimpften weniger als 100 Menschen mit schweren Nebenwirkungen gibt, schlägt unsere ganze Sicherheitsmentalität durch.
Oder das, was wir dafür halten.
Denn das Risiko für die Gesundheit, wenn man sich nicht impfen lässt, ist natürlich deutlich höher. 250 Corona-Tote am Tag sprechen da eine deutliche Sprache. Auch die Jungen sollten allmählich den Glauben ablegen, dass sie ohne Impfung unbeschadet davonkommen. Denn “Long Covid”, auch Post-COVID-Fatigue oder Erschöpfungssyndrom, scheint auch sie zu betreffen. Bis zu 10 Prozent der mittel und schwer Erkrankten könnte es treffen – und das meint auch die unter 80jährigen.
Pragmatismus und Schnelligkeit haben ihren Preis. Entscheidungen unter großer Unsicherheit auch. Und dafür braucht es Leute, die bereit sind, Risiken einzugehen und individuell Verantwortung zu übernehmen. Diese finden sich aber nur dann, wenn sie darauf vertrauen können, nicht genau dafür von der “Ich hab’s ja gleich gewusst”-Fraktion an die Wand gestellt zu werden, wenn Dinge schieflaufen.
Stichwort Schizophrenie: Ein Flug nach Mallorca gehört dann aber wieder – Risiko für sich und andere hin oder her – zum teutonischen Must-have. Malle ist eben nur einmal im Jahr – und dank solcher Aktionen kann man das 2021 wohl wörtlich nehmen.
Ansonsten erleben wir Deutschland 2021.
Verantwortungsdiffusion, Mutlosigkeit und als Folge: Stillstand.
Außerdem müssen wir uns endlich ein paar unbequemen Wahrheiten stellen:
- Wir haben eine ansteckendere Mutante als letztes Jahr. Ob man das “neue Pandemie” nennt oder nicht, ist am Ende egal. Öffnungen in dieser Situation werden mehr Tote und Patienten mit schweren und langen Krankheitsverläufen bedeuten. Anders gefragt: Wie viele mehr Tote wollen wir für geöffnete Innenstädte in Kauf nehmen?
- Würden die viel gepriesenen Hygienekonzepte wirklich funktionieren, dürfte die Inzidenz nicht steigen. Tut sie aber, und zwar massiv. Warum sollte das z. B. im Hotel- und Gaststättengewerbe anders laufen, wenn wir dort öffnen?
- Wir haben zu wenig Impfstoff. Sobald sich das ändert, müssen wir impfen auf Teufel komm raus. Auch mit AstraZeneca.
- Wir haben keine funktionierende App. Ob und wann sich das ändert, steht in den Sternen. Die Räder wie Datenschutz werden sich in den nächsten Monaten nicht mehr drehen lassen. Bei den sehr hohen Inzidenzen, auf die wir zusteuern, würde sich aber selbst mit einer App keine Öffnung im großen Stil mehr umsetzen lassen.
- Wir haben im Moment als funktionierende Methoden zur Abwehr des Virus: Masken, Abstand, Handhygiene, Lüften. Klingt ausgenudelt, ist aber so.
- Es wird noch viel zu wenig getestet. Wenn man zumindest den Kindern helfen will, müssen die Testkapazitäten vor allem an Schulen und Kindertagesstätten ausgeweitet werden. Das geht dann aber zumindest vorerst auf Kosten anderer Bereiche, z. B. Einzelhandel und Betriebe.
- Wir denken und handeln nicht lösungsorientiert genug. Ein Beispiel: Warum sind Personen in Kurzarbeit nicht flächendeckend als Testhelfer geschult worden? Oder als Unterstützung für die Schulen?
- Weil wir ohne zu testen die Schulen und andere Bereiche wie Friseure geöffnet haben, explodiert die Inzidenz. Folge: Der nächste Lockdown kommt, wahrscheinlich direkt nach Ostern. Ein paar “Inseln” wie Tübingen wird es vielleicht geben, aber auch dort steigt die Inzidenz Richtung 100.
- Impfangebot bis Ende des Sommers, also September, wird bedeuten, dass bis dahin die erste Impfung möglich ist. Bis alle, die wollen, einen vollständigen Impfschutz, also zwei Impfungen, haben, wird es kurz vor Weihnachten sein.
Beispiel Israel: Dort ist ein vollständiger Impfschutz Voraussetzung für die Teilnahme am (halbwegs) normalen Leben, z. B. Besuch im Fitnessstudio.
Fazit: Vor 2022 ist mit einer echten Normalisierung in Deutschland nicht zu rechnen.
15.03.2021: Jan Böhmermann hat wieder zugeschlagen
Endlich geht es mit Deutschland wieder bergauf. Also zumindest mit der Inzidenz.
Aber auch Österreich lässt sich nicht lumpen. Besonders Ischgl wird seinem Ruf wieder gerecht.
Passend dazu hat Jan Böhmermann einen sehenswerten Beitrag veröffentlich:
Wobei das Video “Ischgl-Fieber” von Böhmermann alias “Tommy Tellerlift und den Fangzauner Schneebrunzern” den Vogel abschießt.
Man kann davon ausgehen, dass es bald völlig ironiefrei bim Après-Ski mitgegrölt wird. In diesem Sinne:
Mir ham wieder
Ischgl-Fieber.
Uns ist alles scheißegal …
Immer wieder Ischgl-Fieber
schwarze Piste ins Spital.
28.02.2021: AstraZeneca? Ja, bitte!
Wenn Dummheit brennen würde, hätten wir in Deutschland momentan ganz schön oft Feueralarm.
Jetzt haben wir also endlich Impfstoff – wenn auch immer noch nicht genug. Und dann gibt es anscheinend trotzdem noch Leute, die eine Pandemie mit einem Besuch im Supermarkt und dort mit einem gut gefüllten Cornflakes-Regal verwechseln.
Nehme ich jetzt die Moderna Crunchy Nuts? Oder doch die BioNTech/Pfizer Krispies? Was, Sie haben nur die AstraZeneca Frosties? Dann warte ich lieber noch. Sie müssen verstehen, meine Social-Media-Intoleranz. Vielleicht warte ich auch noch, bis die Johnson & Johnson Pops da sind, die sollen ja noch toller sein. Aber sicherheitshalber legen Sie mir bitte mal je eine Packung von Moderna und BioNTech/Pfizer zurück, ja? Was, das machen Sie nicht? Unverschämtheit! Wo sind wir denn? Deutschland ist wirklich total auf den Hund gekommen!
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es ist übel und sicher kein Ruhmesblatt für Bundesregierung und EU, dass die Impfungen mangels Impfstoff so langsam anlaufen, die Corona-Warn-App eine Totgeburt ist, nicht unaufgefordert jede Woche ein paar FFP2-Masken in der Post liegen (besonders bei Leuten, die sie sich kaum leisten können) und die Supermärkte nicht vor Schnelltests bersten.
Aber: Eine Impfung mit einem erwiesenermaßen gut geeigneten Impfstoff zu verweigern, ist schon etwas grenzdebil. Dass Leute wie der Vorsitzende des Weltärztebundes, Montgomery, sich negativ und missverständlich über den Impfstoff von AstraZeneca geäußert haben, war natürlich nicht sehr hilfreich.
Aber wer sich seriös und abgewogen informieren will, kann das dank Internet bequem vom Sofa aus tun, z. B. https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/corona-impfstoff-astrazeneca-check-100.html.
Festzuhalten bleibt:
- Der Impfstoff verhindert nach allem, was wir wissen, eine schwere Corona-Erkrankung bei sehr vielen Geimpften.
- Die Nebenwirkungen sind in Dauer und Schwere – vor allem verglichen mit einer schweren Corona-Infektion – überschaubar.
- Wie gut der Impfstoff bei den Mutanten wirkt, ist noch nicht vollständig klar und wird noch untersucht. Die ersten Ergebnisse sind vor allem bezogen auf schwere Verläufe aber ebenfalls vielversprechend.
Anders und kurz gesagt: Der Impfstoff tut, was er soll.
Bleibt daher nur zu hoffen, dass die Bundesregierung so schnell wie möglich die Impfreihenfolge lockert und Personen aus der nächsten Gruppe nachrücken lässt. Es gibt mehr als genug Lehrer, Krebspatienten, Polizisten, Diabetiker und andere Risikogruppen, die sich nach dem Impfstoff von AstraZeneca förmlich die Finger ablecken.
22.02.2021: Zur Abwechslung mal gute Nachrichten
Erinnerst du dich noch an die Zeit, als vor allem gute Laune ansteckend war? Lange her.
Es fällt im Moment in der Tat nicht leicht, gute Nachrichten zur Pandemie zu finden. Viel zu schnell stößt man auf ein hirnrissiges Verbot der NRW-Gesundheitsbehörden, mit Spezialspritzen eine weitere Impfdosis aus den Ampullen von Biontech/Pfizer zu gewinnen, oder man blickt fassungslos auf Menschenansammlungen, die mit dem ersten Sonnenstrahl eine kollektive Amnesie für Abstands- und Maskenregeln zu entwickeln scheinen.
Wo waren wir? Ach ja, gute Nachrichten.
Nach ersten Erkenntnissen schützen die Impfstoffe auch vor den Mutanten, zumindest vor schweren Verläufen. Bleibt das so, dürfte die Sterblichkeit deutlich absinken, auch wenn Geimpfte noch erkranken können.
Und langfristig mindestens ebenso entscheidend: Wer geimpft ist, verbreitet das Virus kaum weiter. Das zeigen zumindest erste Hinweise aus Israel. Für ein endgültiges Urteil ist es noch zu früh, aber wenn sich sogar Karl Lauterbach zu einem optimistischen Kommentar hinreißen lässt …
Dann können wir uns also langsam an die Diskussion machen, welche Freiheiten Geimpfte im Vergleich zu nicht Geimpften zurückerhalten – und wann. Sicherlich auch Stoff für diverse Abende mit Plasberg, Illner & Co.
Aber auf jeden Fall ein deutlich schöneres Thema als ” Wieder Lockdown – wie lange hält Deutschland das noch aus?”.
26.01.2021: #ZeroCovid
“Zero Covid” oder “NO-COVID-Strategie” – aus Marketingsicht auf jeden Fall gelungene Namen. Kurz, prägnant, erstrebenswert. Was will man mehr?
Und die Grundidee ist eigentlich auch recht simpel: Man teilt Deutschland geografisch in grüne und rote Zonen auf. Solange eine Zone rot ist gilt ein wirklich strikter Lockdown. Wenn in einem Gebiet die Inzidenz Richtung 10 bzw. 0 sinkt, wird der Lockdown aufgehoben. Die Zone ist dann grün. Durch das Nachverfolgen der Kontakte von Infizierten, strikte Quarantäne usw. wird dann dafür gesorgt, dass die Zone grün bleibt. (Das ganze Strategiepapier findest du übrigens hier zum Download.)
Klingt erst mal gut.
Wenn man sich die Strategie aber genauer ansieht, stößt man auf das entscheidende Problem, das praktisch ausklammert wird: NO-COVID beschäftigt sich praktisch ausschließlich damit, wie man eine 7-Tages-Inzidenz zwischen 0 und 10 aufrechterhält bzw. von 10 auf 0 kommt.
Wir sind aber zur Zeit jenseits von 100. In manchen Bundesländern sogar eher noch bei 200. Zu der entscheidenden Frage, wie man von diesem Wert auf 10 kommen will, findet man in dem Paper lediglich den blumigen Satz: “Von den derzeit 150 pro 100.000 pro 7 Tage kann man mit verstärkten und v.a. konsequenter umgesetzten Maßnahmen in wenigen Wochen auf 10 pro 100.000 kommen.”
Genau das ist aber – auch im Hinblick auf die Mutanten mit höherem Ansteckungsrisiko – mehr ein frommer Wunsch als eine realistische Annahme.
Beispiele:
- In öffentlichen Verwaltungen fehlt für große Teile der Beschäftigten die entsprechende Ausstattung für das Arbeiten von zu Hause.
- Viele Betriebe (Warum denke ich gerade an Tönnies?) sind von ausreichenden Schutzmaßnahmen meilenweit entfernt.
- Als Exportnation werden wir keinen vollständigen Lockdown zu unseren Nachbarn umsetzen können, auch wenn der vielleicht geraten wäre.
- Es fehlen ausreichende Testkapazitäten und ausgebildetes Personal, z. B. in Alters- und Pflegeheimen.
- Die Corona-App funktioniert aus Datenschutzgründen nicht so, wie es erforderlich wäre.
- Die Gesundheitsämter hängen bei der Digitalisierung massiv hinterher.
- Verhängte Quarantäne wird nicht engmaschig kontrolliert bzw. durchgesetzt.
- Ein Teil der Bevölkerung hält sich nicht an die Maßnahmen und wird das auch weiter nicht tun. Für deren Überwachung und Sanktionierung haben wir nicht genug Personal bei Polizei und Ordnungsämtern.
- Sobald wir in die Nähe des magischen Inzidenzwerts von 50 kommen, die seit Monaten als Zielwert gilt, wird es massive Öffnungsdiskussionen und Druck vieler Bevölkerungs- und Berufsgruppen geben.
- Die Klagen gegen die Regeln des Lockdowns werden zunehmen, und die Gerichte werden Zweifel an der Verhältnismäßigkeit bekommen, wenn die Zahlen sinken.
- usw.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Natürlich könnte man all die obigen Probleme angehen bzw. hätte man sie spätestens letztes Jahr im Sommer wenigstens zum Teil angehen müssen. Jetzt ist es aber zu spät und wird in den nächsten Wochen nicht in ausreichendem Umfang passieren.
Damit ist es illusorisch, zu glauben, dass wir den Wert von 10 vor dem Sommer erreichen können.
Man könnte die Kritik zur NO-COVID-Strategie also auch anders formulieren. Sie liefert zwar ein Konzept, wie wir die Pandemie (vielleicht) unter Kontrolle halten können, wenn wir sie auf niedrige Fallzahlen gedrückt haben.
Sie beantwortet die im Moment entscheidende Frage aber nicht: Was machen wir BIS DAHIN?
Die Antwort darauf ist einfach – und deprimierend zugleich: die vermeidbaren Toten betrauern und auf genug Impfstoff für alle warten.
13.01.2021: FFP2-Maskenpflicht?
Markus Söder hat wieder zugeschlagen. Ob es Zufall war, dass er gleichzeitig mit der Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln und Geschäften eine Impfpflicht für das Krankenhaus- und Pflegepersonal ins Spiel gebracht hat?
Denn während nun alle Welt aufgebracht über die Impfpflicht diskutiert, die ohne massiven Glaubwürdigkeitsverlust der Politik nicht durchzusetzen ist, und deshalb nicht kommen wird, geht die FFP2-Maskenpflicht so gut wie unter.
Und das könnte durchaus beabsichtigt gewesen sein.
Denn man sollte sich einmal die Kosten vor Augen führen. Als Privatmann oder -frau zahlt man im Moment um die 3 Euro pro Maske. Bei täglichem Wechsel fallen damit im Monat 90 Euro an – pro Person im Haushalt. Für einen Gutverdiener, der die Pandemie im Homeoffice verbringt, mag das ein überschaubarer Betrag sein. Für Personal aus der Gastronomie, das ohne Trinkgeld und mit Kurzarbeitergeld zurechtkommen muss, sieht die Sache aber völlig anders aus.
Man muss kein Prophet sein, um sich auszumalen, was passieren wird: Die Preise für die Masken werden anziehen. Und die teure FFP2-Maske wird dann getragen und getragen und getragen … Denn man sieht ihr ja nicht an, dass sie schon nach kurzer Zeit eher schadet als schützt.
Es gibt zwar laut einer Studie der FH Münster zwei Möglichkeiten, die Masken zu desinfizieren (Backofen oder mehrtägiges Auslüften), aber hier steckt der Teufel im Detail. Ist die Temperatur im Backofen beispielsweise nur zehn Grad zu hoch oder zu niedrig, bleibt das Verfahren entweder wirkungslos oder zerstört die Maske. Außerdem muss die Maske vorher einen Tag an der Luft getrocknet sein.
Was ist wahrscheinlicher? Dass am Ende viele Personen eher eine Virenschleuder als eine Schutzmaske vor dem Gesicht haben werden. Ein guter Teil der Bevölkerung ist ja schon überfordert, wenn er mal einen Winter aufs Ski- und Schlittenfahren verzichten soll …
Hat die Pflicht also keinen Sinn? Doch, natürlich. Eine FFP2-Maske schützt die andere und – im Gegensatz zu den Alltagsmasken – auch den Träger.
Daher sollten die nächsten Milliarden Steuergeld nicht in die Rettung der TUI und und anderer Konzerne fließen. Stattdessen sollte die Politik dafür sorgen, dass man vor jedem Supermarkt und in jedem Briefkasten kostenlose FFP2-Masken findet. Dann wäre das bayerische Modell auch für Deutschland eine gute Idee.
Wird das passieren? Eher nicht.
29.12.2020: Impfpflicht? Ja, bitte!
Freust du dich auch zum ersten Mal in deinem Leben auf eine Nadel im Arm?
Oder gehörst du zu denen, die sich erst impfen lassen wollen, wenn die Polizei vor der Tür steht?
Anders gefragt: Kann man die Deutschen zur Impfung gegen das Coronavirus verpflichten, wenn die Herdenimmunität anders nicht zu erreichen ist? Oder muss man Unternehmen im Gegenteil per Gesetz dazu verpflichten, ihre Dienstleistungen auch Impfverweigerern zur Verfügung zu stellen?
Verfrühte Diskussion, hört man gelegentlich. Noch haben wir ja gar nicht genug Impfstoff für alle. Das Argument ist ungefähr so schlau wie die Stimmen im August, die vor verfrühten Diskussionen über Corona-Maßnahmen im Winter gewarnt haben.
Und während Schwellen- und Entwicklungsländer schon jetzt quasi um Impfstoff betteln, riskieren wir es, die Pandemie länger als nötig in die Länge zu ziehen und weitere Schäden für Wirtschaft und Gesundheit anzurichten. Verkehrte Welt!
Natürlich sollte man schon jetzt die Diskussion führen, denn spätestens Mitte des Jahres dürfte die Frage sehr konkret werden. Bis dahin sollten aber die Entscheidung und gegebenenfalls nötige Maßnahmen bereits getroffen sein.
Und falls Argumente, Impfkampagnen und sozialer Druck nicht reichen sollten, ist eine Impfpflicht der richtige Weg:
- Ohne Herdenimmunität werden wir noch länger als nötig mit Grundrechtseinschränkungen leben müssen, beispielsweise bei der Versammlungsfreiheit oder der freien Berufsausübung. Die Freiheit einer Minderheit, die Impfung zu verweigern, wäre also für die Mehrheit teuer erkauft.
- Inzwischen sind Hunderttausende Menschen geimpft. Nebenwirkungen? Praktisch keine. Ja, wir wissen fairerweise nichts über mögliche Langzeitfolgen. Das stört uns aber im Alltag – man denke zum Beispiel an E-Zigaretten, Viagra, die exzessive Nutzung sozialer Medien usw. – nicht die Bohne.
- Ohne Herdenimmunität setzen wir Menschen, die nicht geimpft werden können, einer unnötigen Gefahr aus. Impfen ist somit auch ein moralisches Gebot.
- Wenn man die Impfung schon nicht per Gesetz erzwingt, sollte man es doch mindestens der Privatwirtschaft überlassen, selbst über eine Pflicht zu entscheiden. Ein Gastronom, ein Künstler oder ein Touristikanbieter, der seinen Kunden ein Erlebnis ohne AHA-Regeln unter der Voraussetzung eines Impfnachweises bieten will, sollte diese tun dürfen. Wer auf solche “Annehmlichkeiten” verzichten will, nur, um die Impfung zu umgehen, kann das tun.
- Kritisch ist das Thema beim Personal im Gesundheitswesen. Hier sollte eine gesetzliche Impfpflicht gelten, um das Risiko der Patienten zu senken. Niemand sollte ersticken müssen, nur weil sich eine Ärztin oder ein Altenpfleger einer notwendigen Impfung verweigern.
Wahrscheinlich wäre der schnellste Weg zur Herdenimmunität ein Impfnachweis für die Einreise auf Mallorca und in die Türkei. Denn wenn es dem Deutschen an den Urlaub geht, versteht er bekanntermaßen ja keinen Spaß …
16.12.2020: Shop till you drop
Der Frage, ob wir vollere Fußgängerzonen oder vollere Intensivstationen haben möchten, haben wir in den letzten Tagen beantwortet.
Und das sehr salomonisch: Wir sorgen einfach für … beides.
Erst die Fußgängerzonen, dann die Intensivstationen. So haben möglichst viele was davon – wenn auch mit etwas unterschiedlichen Ergebnissen.
“Shop till you drop” passt dann aber wieder auf beide Gruppen.
Wer auf den letzten Drücker noch seinen Superspreader-Event, pardon Friseurbesuch, hinter sich gebracht hatte, konnte davor oder danach in der Fußgängerzone einer beliebigen Großstadt seine Weihnachtseinkäufe erledigen, frei nach dem Motto:
“Und was schenken Sie Ihrer Oma zu Weihnachten?”
“Eine Reise … auf die Intensivstation.”
Insgesamt also eine ganz starke Aktion, Glückwunsch an alle, die fleißig mitgeholfen haben.
Und die ersten Preise werden auch schon verteilt: In Sachsen wurde in den Kliniken mittlerweile zur Triage gegriffen. Klingt irgendwie stilvoll, so französisch.
“Madame, pour vouz haben wir heute eine schöne Triage.”
Weniger lustig ist es für die Ärzte, die entscheiden müssen, wem jetzt der Sauerstoff abgedreht oder verweigert wird.
Und für die Angehörigen, denen ein geliebter Mensch alleine auf einer Intensivstation erstickt, und denen bewusst sein muss, dass man ihn vielleicht hätte retten können.
Hätte, wenn nicht ein paar querdenkende Vollidioten immer noch überzeugt davon wären, dass während einer Pandemie für sie eine schöne, große Extrawurst gebraten werden muss, und die mit ihrem Verhalten dafür sorgen, dass die Intensivstationen überlaufen.
Aber immer schön weiter im Kreis der Rechtsextremen demonstrieren und beleidigte Leberwurst spielen, wenn man sich dafür Kritik anhören muss.
In diesem Sinne: Frohe Weihnachtszeit – wenigstens all denen, die mit dem Leben davonkommen.
30.11.2020: Man muss die Leute bei den Maßnahmen mitnehmen …
Keine Talkshow ohne die Floskel, dass man die Leute bei den Pandemie-Maßnahmen mitnehmen muss.
Versuchen wir es heute deshalb mal mit einem Vergleich, der bisher noch nicht genutzt wurde – und mit des Deutschen liebsten Spielzeug zu tun hat. Vielleicht hilft er ja.
2019 gab es in Deutschland ca. 3.000 Verkehrstote. Das schafft das Coronavirus im Augenblick ungefähr alle 10 Tage. Man möchte fast respektvoll sagen: reife Leistung!
Passenderweise trifft es auch hier vor allem Ältere.
Wie hat Blacky Fuchsberger so treffend (und als ob er die Pandemie vorhergesehen hätte) gesagt: “Alt werden ist nichts für Feiglinge.”
Um im Bild zu bleiben: Man denke einmal über die Vorsichtsmaßnahmen nach (Gurtpflicht, Helmpflicht, Verkehrskontrollen, Blitzer, Promillegrenze, Verkehrserziehung für Kinder usw.), die wir alle – also gut, alle bis auf ein paar “Querdenker” – unwidersprochen akzeptieren.
Spricht jemand von “Ermächtigungsgesetz”, “Grundrechtseinschränkungen” oder “Diktatur”, wenn die Strafen für Geschwindigkeitsüberschreitungen, Raserei und andere Rücksichtslosigkeiten erhöht werden? Eben.
Man akzeptiert um seiner und die Sicherheit der anderen willen für die Zeit, in der man sich im Straßenverkehr aufhält, eine Beschneidung seiner individuellen Freiheitsrechte.
So weit, so normal.
Und genau darum geht es auch bei Corona. Beschränkung ja – und zwar zeitweise, d. h.
a) solange man sich an bestimmten Orten aufhält
b) bis die Pandemie unter Kontrolle ist.
Eigentlich nicht so schwer, oder?
21.11.2020: AfD – das tut weh
Die AfD hat es mit dem Begriff “Ermächtigungsgesetz” mal wieder geschafft, in die Schlagzeilen zu kommen. Aus ihrer Sicht wohl keinen Moment zu früh, wenn man sich die einstelligen Prozentwerte in den Umfragen der letzten Monate und die Strafen wegen der Spendenaffären ansieht.
Und auf den ersten Blick auch ganz geschickt gemacht. Einen Begriff aus dem Nazi-Vokabular gefunden, der nicht schon auf den ersten Blick (Gestapo-Methoden! Reichskristallnacht!! Holocaust!!!) völlig indiskutabel wirkt, und dazu noch den Text des neuen Infektionsschutzgesetzes (“ermächtigen”) aufgegriffen.
Reife Leistung!
Bei so viel Aufmerksamkeit knallen im Führerhauptquartier (!) wahrscheinlich die Sektkorken und man träumt weiter von der Machtergreifung (!!) und dem Endsieg (!!!).
Denn wie Oscar Wilde so schön gesagt hat: “Es ist schlimm, wenn alle über einen reden, aber es ist noch schlimmer, wenn keiner über einen redet.”
Aber was auf den ersten Blick nach einem gelungen Coup aussieht, ist eine riskante Strategie – und zeichnet den Weg vor, den diese Partei auf absehbare Zeit nehmen dürfte.
Zu weit an den rechten Rand gerückt, um bei gemäßigten Konservativen auch nur noch den Hauch einer Chance zu haben, ist die AfD auf den Weg in die extremistische Nische. Dort findet sich aber – DVU, Republikaner und NPD lassen grüßen – nur ein sehr begrenztes Wählerpotenzial.
Und so mancher ostdeutsche CDU- oder FDP-Landtagsabgeordnete dürfte wohl inzwischen Gott auf Knien danken, dass man mit dieser Partei keine Koalition eingegangen ist. Vielleicht hat ja auch die Realsatire “Ein Österreicher auf Mallorca” im Nachbarland den einen oder anderen zum Nachdenken angeregt …
Außerdem führt der “Flügel-Kurs” der AfD die demokratischen Parteien eher noch enger zusammen. Denn was verbindet mehr als ein gemeinsamer Feind? Noch dazu einer, der sich so eindeutig vom demokratischen Grundkonsens verabschiedet hat, dass sich langsam auch die meisten Protestwähler beschämt abwenden.
Vielleicht fragt sich der eine oder andere AfD-Wähler inzwischen ja auch, warum man beim Wunsch nach Veränderung eine Partei wählen sollte, die sich die ganze Zeit als Opfer, also als macht- und wehrlos, inszeniert. Aber das würde eine gewissen Reflexion voraussetzen.
Natürlich muss niemand in die Luft springen, wenn ungefähr zehn Prozent Rechtsextremisten unsere Demokratie “bereichern”. Aber solange die restlichen 90 Prozent der Bürger zusammenstehen, wird sie es überleben.
15.11.2020: Warum es nicht um Weihnachten geht
Irgendwie hat man das Gefühl, dass nach der Präsidentschaftswahl in den USA jetzt der nächste Countdown läuft. Und dieses Mal geht es um alles. Es geht um Weihnachten.
Die bange Frage: Werden die Zahlen in den nächsten Wochen weit genug fallen, damit der Lockdown aufgeweicht wird? Dürfen wir uns dann alle wieder, wenn schon nicht um die Glühweinstände, dann wenigstens um Wühltische drängeln und uns um Weihnachtsgeschenke kloppen? Zumindest eine Tradition sollte man uns doch lassen, oder?
Man sollte mal gedanklich einen Schritt zurücktreten und sich eines klarmachen: Es geht nicht um Weihnachten. Es geht um ein Weihnachten. Dieses Weihnachten. Nächstes Jahr ist dank Impfstoff vermutlich so ziemlich wieder alles beim Alten.
Und bis auf ein paar Ausnahmen wird es für die meisten von uns vermutlich auch nicht das letzte Weihnachten gewesen sein.
Insofern sollten wir dem Kollegen Stromberg folgen und alle gemeinsam mal “locker durch die Hose atmen” (schönes Bild für eine Demo). Also Maske auf, Abstand halten, Kontakte reduzieren, Quer- und Schiefdenker ignorieren und Intensivbetten freihalten, damit so wenig Menschen wie möglich alleine auf einer Intensivstation sterben müssen. Denn man sollte sich vor Augen halten: Über alle Altersgruppen hinweg liegt die Sterblichkeit beatmeter Corona-Patienten Studien zufolge bei über 50 %!
Dieses Weihnachten bietet fast schon revolutionäre Chancen: Man könnte die “stade Zeit” wirklich mal für etwas innere Einkehr nutzen. Oder meinetwegen auch Onlineshopping. Ach ja, Trinkgeld für den Paketboten nicht vergessen. (War da nicht mal was mit Ausbeutung im Niedriglohnsektor? Lange her.)
Für alle, die dagegen dem Tod näher als dem Leben sind und vielleicht wirklich vor ihrem letzten Weihnachten stehen, sollte die Gesellschaft dagegen alle Hebel in Bewegung setzen, damit die kommenden Wochen so schön und voller Freude sind, wie es nur geht. Schnelltests bis zum Abwinken, FFP2- und FFP3-Masken gratis, Corona-Soforthilfe für Geschenke und Weihnachtsdeko, Personal, das Fahrten und Besuche sicher organisiert, Priorität für Tests der Angehörigen solcher Menschen usw.
Das wäre doch mal eine Weihnachtszeit, die den Namen verdient – voller praktizierter, christlicher Nächstenliebe. Und im Gegensatz zum Klatschen auf Balkonen würde das auch wirklich was bringen.
09.11.2020: Leipzig – Dumm ist nur, wer Dummes tut
Bei der Demo in Leipzig musste ich an das Filmzitat von “Forrest Gump” aus der Überschrift denken.
Nun sind als wieder ungefähr 20.000 “Querdenker” – persönlich finde ich “Schiefdenker” passender – ohne Maske und Abstand durch Leipzig marschiert und haben ihre Demo mit dem Widerstand gegen das DDR-Regime verwechselt.
Das kann schon mal passieren, zumindest wenn man in der Fantasie einer “Corona-Diktatur” lebt und eine Pandemie verleugnet. Ein Besuch in einem nahe gelegenen Krankenhaus wäre vielleicht mal ganz hilfreich. (Auch wenn ich persönlich mir einen Abstecher auf die Intensivstation sparen würde. Merke: Viren machen auch vor “Ungläubigen” nicht halt.)
Darf man Leute, die da mitmarschieren, dumm nennen? Im Sinne von Realitätsverleugnung: ja. Denn wer sich bei den mittlerweile erdrückenden wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Erfahrungen unserer Nachbarländer nicht freiwillig an Abstands- und Hygieneregeln hält, ist … Genau.
Und Leute, die mit Rechtsradikalen marschieren, Journalisten anpöbeln, hinterher aber bitteschön nicht mit solchen Leuten in einen Topf geworfen werden möchte? Auch. Beziehungsweise wäre es mal schön, wenn die Teilnehmer an solchen Demonstrationen genau so fein differenzieren würden, wenn es um die Anliegen anderer Bevölkerungsgruppen geht, zum Beispiel Flüchtlingen, People of Color, Vertretern von “Fridays for Future” usw.
War es dann richtig, die Demo zu genehmigen? Ja, Grundrechte sind zu wahren, auch während einer Pandemie. Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut.
Hätte man ahnen können, wie es läuft. Auch ja, siehe vorherige Demos der “Schiefdenker”.
Waren Behörden und Polizei entsprechend vorbereitet? Nein. Das war letztendlich der einzige Fehler, den muss sich die Landesregierung aber vorwerfen lassen – nicht der einzelne Polizist vor Ort, der in eine aussichtslose Situation geschickt worden ist.
Kann man der ganzen Angelegenheit etwas Positives abgewinnen? Ja, sogar drei Dinge.
- Die Mehrheit der Bevölkerung verhält sich der Situation angemessen und richtig.
- Die Wenigen, die sich nicht an die Spielregeln halten, werden wahrscheinlich nicht die Anstrengungen der überwältigenden Mehrheit zunichtemachen.
- Dummheit ist anscheinend dann doch weniger ansteckend als das Coronavirus.
05.11.2020 Die Faszination des Grauens: fast 20.000 Infizierte
Man kennt das ja von großen Naturkatastrophen, Anschlägen usw.: Die Zahl der Toten steigt mit jeder Nachrichtensendung. Alle fünf Minuten berichtet ein aufgeregter und atemloser Reporter, man hätte noch zwei Tote aus den Trümmern gezogen.
Der Zähler auf dem Bildschirm schraubt sich unaufhaltsam nach oben.
Und ganz plötzlich bekommt man diesen seltsamen Wunsch, auf die nächste, große, runde, dicke Zahl zu kommen. Was sind schon 9.942 Tote, wenn man auch 10.000 haben könnte?
So auch heute. 19.990 neu gemeldete Corona-Infektionen in Deutschland – und irgendwas in deinem Kopf denkt “Fast” oder schlimmstenfalls sogar “Schade!”
Schon seltsam. Schauen wir zu oft auf Bildschirme und verwechseln echtes menschliches Leid mit den Highscores unserer Handyspiele?
Oder ist es die Art wie das Ganze medial aufbereitet wird?
Braucht Bestürzung (und die Kommunikation darüber) große Zahlen? “Auch schon gehört? 20.000 Infizierte. ZWAN-ZIG-TAU-SEND!”
Vielleicht ist es auch nur die Faszination des Grauens, der wohlige Schauer, den man auch erlebt, wenn man an einem in gespenstisches Blaulicht getauchten Unfall vorbeifährt oder die BILD-Zeitung aufschlägt (“So teuflisch lachte das Monster vom Niederrhein vor Gericht die Eltern der bestialisch ermordeten Jacqueline (5) aus!”).
So oder so, wahrscheinlich sollten die meisten von uns weniger fernsehen.
02.11.2020 Einen fröhlichen Lockdown allen Idioten – und denen, die mitleiden müssen
Da wären wir also wieder – und wie es aussieht, haben wir das im schlechtesten Sinn ganz allein geschafft.
Jetzt sollen also wieder Verordnungen richten, was mit bloßer Vernunft anscheinend nicht zu erreichen war.
Man kann nur hoffen, dass sich alle die, die im Urlaub oder auf Partys waren, gut erholt haben, um die nächsten Monate – ja, nicht Wochen, Monate – im Lockdown durchzustehen.
Und diejenigen, die zur Risikogruppen gehören und sich brav zurückgehalten haben, können fleißig weiterbeten, dass sie nicht nicht alleine auf einer Intensivstation ersticken.
Die Vernünftigen können weiterfluchen. Leider haben wir jetzt ein gesellschaftliches Problem, bei dem die üblichen 5–10 % Idioten, die wir normalerweise mit durchschleppen, uns das Genick brechen können. Ob da das Ordnungsamt und 250 € Strafe für mangelndes Masketragen reichen werden?
Immerhin lernt man in der Pandemie Bescheidenheit. Oh Herr, bitte mach, dass die Schulen und Kitas offenbleiben und das Kurzarbeitergeld weiterfließt. Und gib uns Schnelltests, damit wir Oma wenigstens ab und zu auf 1,5 m Abstand im Pflegeheim begegnen dürfen. Aber wie sagt ja der Volksmund: Aus der Ferne betrachtet, ist alles schön.
Obwohl auch Bescheidenheit in der Gesellschaft ähnlich ungleich verteilt zu sein scheint wie hohe Vermögen. Nein, es geht jetzt nicht um Friedrich März, für den die CSU-Führung eine ganze Pandemie erdacht hat, um seine Wahl zum Parteivorsitzenden zu verhindern. Man kann nur hoffen, dass es Menschen, die ständig um sich selbst kreisen, irgendwann schlecht von sich selbst wird.
Auch für andere scheint das Ende der Fahnenstange erreicht zu sein, wenn sie nicht mehr ins Fitnessstudio dürfen oder sie im Supermarkt für 20 Minuten eine Maske aufsetzen müssen. Da muss dann schon eine ordentlich Verschwörungstheorie her wie QAnon, damit das Weltbild wieder stabiler wird. Man kann nur hoffen, dass es den Querdenkern trotz mangelnder Ablenkungsmöglichkeiten zum Demonstrieren allmählich zu kalt wird. Man kann ja nicht mal mehr enger zusammenrücken, um sich aufzuwärmen. Schönen Dank auch.
Bleibt am Dienstag noch die Präsidentschaftswahl in den USA. Vielleicht ein Lichtblick in 2020? Aber so oft, wie uns dieses Jahr schon enttäuscht hat, muss man eigentlich mit einem Erdrutschsieg von Donald Trump rechnen.
Filmvorschlag für heute Abend: Und täglich grüßt das Murmeltier.
19.08.2020 Was für einen Sieg von Joe Biden spricht
Vielleicht sollte man eher sagen: Was für eine Niederlage von Donald Trum spricht.
Eine Sache ist auffällig. Zum ersten Mal in kurzer Zeit legen sich soziale Medien wie Facebook und Twitter mit Donald Trump an, stellen seine Tweets richtig oder löschen Beiträge gleich ganz.
Schwer vorzustellen, dass solche Unternehmen dieses Risiko grundlos eingehen würden.
Außerdem beruht ein guter Teil ihres Geschäftsmodells ja genau darauf, die verschiedenen “Bubbles” zu füttern, in denen sich die unterschiedlichen Gruppen befinden. Und wer gibt dem Affen mehr Zucker als Donald Trump?
Und noch ein Punkt: Diese Unternehmen verfügen wahrscheinlich über mehr Wissen über den amerikanischen Durchschnittswähler als jede Marktforschungsagentur des Planeten.
Wenn es also einen tragfähigen Hinweis gibt, dass sich die Abwahl von Trump abzeichnet, dann ist es dieser.
Und wenn nicht, ist es zumindest eine coole Verschwörungserzählung. 🙂
08.08.2020 Anselm Lenz im Deutschlandfunk-Interview … autsch
Heute morgen ein Interview mit dem Dramaturgen und Journalisten Anselm Lenz im Deutschlandfunk zum Coronavirus. Infos zu ihm z. B. bei Wikipedia.
Er ist auch Gründer von “Nicht ohne uns” und Herausgeber von “Demokratischer Widerstand“.
Wenn man sich die Homepage ansieht, merkt man sehr schnell, wo man gelandet ist. Begriffe wie “Unterdrückungsmaschinerie” , “Zwangseinsperrung”, “Wahrheitsfälscher” usw. sprechen die Sprache der Aufgebrachten.
Und wie man im Interview mit Anselm Lenz im Deutschlandfunk hören kann, leider auch die der Verschwörungstheoretiker.
Da werden mal wieder die Vorwürfe gegen Bill Gates aus der Mottenkiste geholt.
Faktencheck und Richtigstellung hier.
Das Robert Koch-Institut wird flugs zur “Regierungsoberbehörde”.
Natürlich auch die Behauptung, es hätten in Berlin nicht ca. 20.000 sondern mehr als eine Millionen Demonstranten teilgenommen.
Faktencheck und Richtigstellung z. B. hier.
Dass die Sorge wegen der Pandemie als übertrieben dargestellt wird, braucht man schon fast nicht mehr zu erwähnen.
Wo es aber zu viel wird, ist, wenn Lenz den Begriff des “Ermächtigungsgesetzes” auspackt. Der Vergleich mit dem dritten Reich erinnert fatal an die gelben Sterne, die man z. B. gelegentlich bei Impfgegnern und auf den Demos zu sehen bekommt.
Solche Vergleiche sind nicht mehr grenzwertig. Sie sind jenseits der Grenze.
Spätestens da muss man auch fragen, ob der Deutschlandfunk jemandem wie Lenz eine Bühne bieten sollte.
06.08.2020 Nicht schon wieder zuhören
In der Zeit ein Artikel mit dem Titel “Nicht schon wieder zuhören” zu der Demo in Berlin mit ungefähr 17.000 Demonstranten, die sich natürlich nicht an die Hygienevorschriften gehalten haben. Polemisch, aber lesenswert.
Außerdem ein spannender Artikel in “The Atlantic” mit dem Titel “How the Pandemic Defeated America”
Das Fazit des Artikels fasst die Misere in den USA, die sie zu einem nicht geringen Teil ihrem Präsidenten zu verdanken hat, schön zusammen:
“Niemand sollte schockiert sein, dass ein Lügner, der während seiner Präsidentschaft fast 20.000 falsche oder irreführende Behauptungen aufgestellt hat, darüber lügen würde, ob die USA die Pandemie unter Kontrolle haben; dass ein Rassist, der die Verschwörungstheorie des birtherism erfand, wenig tun würde, um ein Virus zu stoppen, das überproportional Schwarze tötete; dass ein Xenophob, der Einwanderungsknäste bauen ließ, befehlen würde, Fleischbetriebe offen zu halten, deren Belegschaft mehrheitlich Einwanderer sind; dass ein grausamer Mann ohne Mitgefühl die verängstigten Bürger nicht beruhigen würde; dass ein Narzisst, der es nicht ertragen kann, überschattet zu werden, den Rat von Experten ablehnen würde; dass ein Produkt von Vetternwirtschaft eine Schatten-Coronavirus-Taskforce seinem unqualifizierten Schwiegersohn übergeben würde…”
Dem ist nichts hinzuzfügen.
05.08.2020 John Oliver und Verschwörungstheorien
Mal wieder sehenswert: Last week tonight with John Oliver, dieses Mal zum Thema Verschwörungstheorien im Dunstkreis von COVID-19.
20.07.2020 Corona-Soforthilfe: Wie gewonnen …
… so zerronnen, könnte es für viele Solo-Selbstständige heißen. Denn ein Großteil der Kosten, die man als Einmannbetrieb nun einmal hat (private Krankenversicherung, Miete für Wohnung mit Arbeitszimmer, Lebenshaltungskosten, regelmäßige Neuanschaffung von Computern u. ä.) werden nach jetzigem Stand nicht akzeptiert. Andere Punkte sind auch mehr als paradox. Beispiel: Habe ich meine betrieblichen Versicherungen als Selbständiger in einem anderen Monat bezahlt, als in dem, in dem ich die Corona-Soforthilfe beantragt habe, ist das Pech.
Im Ergebnis hat man mit hoher Wahrscheinlichkeit einen “Liquiditätsüberschuss” und muss die gewährte Soforthilfe vollständig zurückzahlen.
Hier das Formular:
Eine Argument, das ich in diesem Zusammenhang noch nicht gehört habe, ergibt sich aus dem Vergleich mit dem Kurzarbeitergeld: Ein Angestellter, für den es nichts zu tun gibt, wird nach Hause geschickt und erhält einen Großteil seines Gehalts einfach weitergezahlt. Er kann sich auf die faule Haut legen. Die Suche nach Kunden oder Aufträgen, die man als Selbstständiger in Flautezeiten nebenbei noch mitmacht, entfällt natürlich auch.
Warum prüft Vater Staat hier nicht genauso akribisch? Immerhin liegen die Kosten für das Kurzarbeitergeld im Jahr 2020 voraussichtlich bei über 30 Milliarden Euro.
Also: Wie viel Geld im Monat (Miete, Versicherungen, sonstige Kosten) braucht der Betroffene wirklich zum Leben? Alles, was nicht unter diese, die Existenz sichernden Kategorien, fällt, kann nicht als Kosten geltend gemacht werden. Liegt das Kurzarbeitergeld darüber, haben wir … nennen wir es doch einfach einen “Liquiditätsüberschuss”, der natürlich zurückgezahlt werden muss.
Auto im falschen Monat gekauft? Pech. Urlaub gemacht? Böser Fehler. Im Baumarkt gewesen? Selbst schuld.
Das wird natürlich nicht passieren, weil der Aufwand sehr hoch wäre – und jeder Politiker den Aufschrei der Bevölkerung fürchten müsste.
Aber fairerweise sollte man dann auch mal fragen, warum man als Solo-Selbstständiger so viel unbarmherziger behandelt wird.
Halten wir fest: Ungefähr zwei Drittel der Corona-Hilfe für Selbstständigen in Höhe von 50 Milliarden Euro wurde erst gar nicht ausgezahlt. Das, was ausgezahlt wurde, wird nach heutigem Stand wieder zurückgefordert.
Wenn es dabei bleibt, hätte sich die Regierung die ganze Aktion eigentlich auch schenken können. Nun ja, ein paar Wähler dürfte sie immerhin vergrault haben.
06.07.2020 Die Brennglas-Metapher – einfach unerträglich
Die Corona-Krise wirkt wie ein Brennglas. Habe dazu einen längeren Artikel geschrieben, weil mir das allmählich etwas auf den Keks geht.
04.07.2020 Trumps Todesurteile
Stand 30.06.2020 liegt die Todesrate in den USA laut Statista bei 4,87 Prozent. Der Virologe Christian Drosten geht von 0,3 bis 0,7 Prozent aus, Karl Lauterbach sprach von 0,5 bis 1,0 Prozent.
Schätzen wir mal freundlich und gehen von einem Prozent aus.
Im Moment stecken sich laut der Testergebnisse in den USA pro Tag (!) ca. 55.000 Menschen an.
Anders – und vielleicht etwas dramatisch – ausgedrückt: 550 Amerikanerinnen und Amerikaner erhalten jeden Tag ihr Todesurteil durch die unzureichenden Lockdown-Maßnahmen in den USA. Auf ein Jahr gerechnet reden wir von mehr als 200.000 Toten – und es ist in keiner Weise ausgemacht, dass das schon das Worst-Case-Szenario ist. Der US-Virologe Fauci warnt schon vor 100.000 Corona-Infektionen pro Tag. Außerdem reden wir im Moment von einer Situation, in der die Krankenhäuser und Intensivstationen noch nicht an ihr Limit gekommen sind. Wenn das geschieht, dürfte sich auch die Sterberate weiter nach oben verschieben.
Man kann sich nun bestimmt darüber streiten, ob alle Versäumnisse und Fehler der Regierung in dieser gewaltigen Krise einzig und allein Donald Trump zurechnen sind.
Wer aber im Angesicht dieser Zahlen Partys ohne Abstandsregelung und Masken feiert und das Virus weiterhin verharmlost, ist im besten Fall dumm und im schlimmsten Fall skrupellos.
Im Verlauf der Krise sprach Trump davon, dass sich die USA im Krieg mit dem Virus befinden. So schief dieses Bild in vielerlei Hinsicht ist, so trifft es in in einem Punkt den Nagel auf den Kopf: In jedem Krieg sterben unschuldige Zivilisten.
In diesem Fall sind es die Amerikaner, die Abstandsregeln einhalten, Masken tragen, unter schweren Vorerkrankungen leiden oder in Alters-, Pflegeheimen und Gefängnissen sitzen. Sie zahlen den Preis für die Dummheit und fehlende Solidarität der anderen – und eine gescheiterte Politik ihres Präsidenten.
Ob sich das in den Wahlergebnissen niederschlägt? Im Augenblick sieht es danach aus.
Aber wenn man bedenkt, wie sicher wir waren, dass George W. Bush nie im Leben eine zweite Amtszeit bekommen wird …
30.06.2020 John Oliver – sehenswert wie immer und “Wer hätte das wissen können?”
Dieses mal geht es in “Last week tonight” um das Thema “Evictions”, also Zwangsräumungen. Und das kann verflucht schnell gehen …
Zum Thema Tönnies, Wiesenhof und Konsorten: Lies Dir einmal folgendes Zitat aus dem Tagesspiegel durch:
„Doch indem die deutschen Fleischbetriebe Subunternehmen per Werkvertrag beauftragten, kamen eben die Billigkräfte aus dem Osten doch noch zum Einsatz in den deutschen Betrieben. Brümmer erzählt vom Geflügelkonzern Wiesenhof, wo es heute noch Stundenlöhne von 3,50 Euro gebe. … Immerhin, hat jedenfalls Vosding [Schlachthofbesitzer] beobachtet, ist das Schlimmste offenbar überstanden. ‘Die Entwicklung läuft darauf hinaus, dass die Billigstlöhne passé sind’, sagt Vosding. ‘Es ist für ein Land wie die Bundesrepublik auch nicht in Ordnung, wenn solche Löhne gezahlt werden’.“
Der Artikel stammt übrigens vom 09.09.2007. Noch Fragen?
Wenn jetzt noch einer sagt, dass man das alles nicht wissen konnte, fange ich an zu kotzen.
24.06.2020 Mal wieder “Time for John Oliver”
Eine neue Folge von “Last week tonight” mit John Oliver. Dieses Mal geht es um das Coronavirus und die Situation in Gefängnissen. “Petrischale” ist ein Begriff, der die ganze Katastrophe gut zusammenfasst …
18.05.2020: John Oliver is back und meine erste Urlaubsinvestition
John Oliver ist wieder da, mit dem siebten Teil seiner Coronavirus-Serie – und dieses Mal geht es um das Thema Sport. Am Ende sogar ein kurzer Blick nach Deutschland:
Meine erste Investition in meinen Urlaub, dieses Jahr wohl Balkonien … Haustier? Gießkanne? Sagen wir: Gießtier 😉
Die Gießkanne gibt es für ca. 10 € bei Amazon.
17.05.2020: Bjarne Mädel und Angela Merkel made my day
11.05.2020: Deutsche: Von Hobby-Bundestrainern zu Hobby-Virologen
Vor kurzem sagte ein Teilnehmer einer der üblichen Talkshows, wir Deutschen, die alle Hobby-Fußballbundestrainer gewesen seien, wären nun alle Hobby-Virologen.
Darin steckt auch ein Stück weit das Problem der aktuellen Debatten: Die meisten von uns (mich eingeschlossen) haben von Virologie und Epidemiologie wenig bis keine Ahnung und beziehen ihr Wissen aus Zeitungen oder dem einen oder anderen Podcast.
Oder hast du all die Studien durchgearbeitet, aus denen die Forscher ihre Erkenntnisse und Empfehlungen ableiten?
So kommt es dann, dass alle sehr verwundert sind, wenn beispielsweise die Infektionsrate als „Maß aller Dinge“ von der Reproduktionszahl R abgelöst wird – und einige Tage später die Virologen darauf hinweisen, dass man natürlich auch die absolute Zahl der Infektionen im Blick haben muss, um das Risiko durch eine steigende Reproduktionszahl einordnen zu können.
Die Vorwürfe an die Wissenschaft sind in diesem Zusammenhang von Unwissenheit gekennzeichnet. Naivität, Dummheit, Ignoranz und gelegentlich auch Machtkalkül sind dann die Zutaten des explosiven Gemisches, das in der Folge eng zusammengedrängt und ohne Masken für eine angeblich bedrohte Freiheit in einer der großen Städte demonstriert. Rechtsradikale und Impfgegner sind natürlich auch gerne mit von der Partie.
Haben wir vergessen, wie Wissenschaft arbeitet und wo ihre Grenzen liegen? Hypothesenbildung? Falsifikationsprinzip? Erkenntniszuwachs (inklusive Korrekturen des bisherigen Wissensstandes) durch Empirie? Wahrscheinlichkeitsrechnung und Modellbildung? Fachlicher Tellerrand? Wertfreiheit?
All diese “Basisprinzipien” sind anscheinend unbekannt oder in Vergessenheit geraten.
Stattdessen das Credo der Empörten: „Die von der Wissenschaft“ sollen sich doch mal zusammensetzen, einigen und dann eindeutige Aussagen machen und uns sagen, wo es lang geht. Und vor allem aufhören, sich dauernd selbst zu widersprechen. Das Ganze natürlich in leicht verdaulichem Talkshow- oder Social Media-Format.
Wie beginnt unsere Nationalhymne doch so schön: Einigkeit …
Das scheint dann doch Auswirkungen auf den kollektiven Intellekt zu habe.
Man möchte einigen dieser Leute zurufen: Wer BILD sät, wird BILD ernten.
Mal logisch gedacht: Wenn die Wissenschaft letztgültige Antworten zu den drängenden Problemen der Welt zu bieten hätte, könnte die Politik „den Laden dicht machen“ und das Ganze den Forschern überlassen – und das nicht erst seit Corona.
Platon träumte in seiner Politeia noch von einer Philosophenherrschaft, in der uns die Weisen in ein neues Utopia führen könnten. Seit dieser Zeit ist die Wissenschaft glücklicherweise etwas bescheidener geworden bzw. muss sich als ein funktionales Teilsystem der Gesellschaft damit begnügen, genau das zu sein: ein Teilsystem unter vielen.
Prof. Drosten und Kollegen haben entsprechend mehr als einmal darauf hingewiesen, dass es nicht Ihre Aufgabe ist, Politik zu machen und dass Sie davon auch keine Ahnung haben. Richtig so.
Aber es ist natürlich ihr Job, Entscheidungen der Politik unter den zur Verfügung stehenden Modellen wissenschaftlich zu prüfen, zu beurteilen und gegebenenfalls Warnungen auszusprechen. Dass sie dabei die unvermeidliche Unsicherheit ihrer Aussagen gerade nicht verheimlichen, uns sollte uns eher beruhigen als in Panik versetzen.
Zurück zu den Philosophen. „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.“
In diesem Sinne: An die Arbeit.
08.05.2020: Coronavirus – für Kinder erklärt
Die Sachbuchserie für Kinder “WAS IST WAS” bietet jetzt eine Infobroschüre über das Coronavirus zum kostenlosen Download an. Tolles Angebot!
Auch bei UNICEF.de gibt es übrigens gute Infos für Kinder und Eltern zum Thema.
04.05.2020: John Oliver ist zurück – und mein Friseur auch
Heute hatte ich die Freude, mal wieder einen Friseur von innen zu sehen. 🙂 Spannend, wie sonst völlig alltägliche Dinge plötzlich zu einem echten Erlebnis werden. Die Influencer dieser Welt werden sicherlich auf Instagram ausführlich von ihren Erfahrungen berichten (Haare schneiden mit Maske? Selbst föhnen verboten?? Haarwäsche verpflichtend???).
Mittlerweile außerdem die sechste Folge zum Coronavirus bei “Last Week Tonight with John Oliver”. Dieses Mal geht es vor allem um das Testdebakel – man kann es kaum anders ausdrücken – in den USA. Wie immer witzig, auf den Punkt und auch für Nicht-Amerikaner sehr informativ.
30.04.2020 Öl: Schwarzes Gold oder schwarzes Gift?
Schon verrückte Welt im Moment: Zwar werden wir wohl auch in Zukunft wegen der Mineralölsteuer (Diesel: 47,04 Cent, Benzin: 65,45 je Liter) nicht gratis tanken können. Aber wer hätte gedacht, dass der Sprit an der Tankstelle mal wieder auf etwas mehr als einen Euro je Liter sinken würde?
Bei Spiegel Online findet sich gerade ein sehr spannender Artikel zum Thema. Er beschäftigt sich mit dem weltweiten Überangebot an Erdöl und teilt die ölfördernden Staaten, die in hohem Maß von den daraus resultierenden Einnahmen abhängen, in vier Gruppen ein:
- Resiliente
- Abgepolsterte
- Gefährdete
- Katastrophenfälle.
Wenn man sich klarmacht, dass viele dieser Staaten erst bei Ölpreisen weit jenseits der 50 US-Doller pro Barrel Gewinn machen, der Ölpreis aber im Moment bei 20-30 US-Dollar steht, liegen die Probleme auf der Hand. Staaten ,die kein finanzielles Polster haben bzw. keine Schulden aufnehmen können und auch keine andere Einnahmequellen haben, trudeln dem Bankrott entgegen.
Besonders hart trifft es also Staaten wie Venezuela oder den Irak, die
a) den größten Teil ihrer Einnahmen durch die Ölförderung erzielen
b) schon vor der Coronavirus-Pandemie in tiefen politischen Krisen steckten.
28.04.2020 Katastrophe mit Ansage?
Deutschland: Heute liegt die Reproduktionszahl R wieder bei 1,0, also steckt ein Infizierter einen weiteren Menschen an. Und dabei sind die Schulen, Friseure und anderes mehr noch nicht einmal offen. Alles, was über 1 liegt, führt uns wieder in Richtung exponentielles Wachstum und damit auf den nächsten Lockdown zu.
Nun ist es ja nicht so, dass sämtliche Virologen, die in den Talkshows, Podcasts und Zeitungen zu Wort kommen, nicht vor einer Lockerung, wie sie jetzt umgesetzt wird, gewarnt hätten. Wir haben noch keine funktionierende Tracing-App, keine ausreichenden Hygienemaßnahmen in vielen Schulen und Geschäften und auch keine geeigneten Schutzmasken. Ohne diese Voraussetzungen stehen unsere Chancen nicht gerade gut. Dazu kommt eine Gefahr, die Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery betont: Viele Menschen fühlen sich mit den (unzureichenden) Masken so sicher, dass sie auf den Mindestabstand verzichten, was wiederum die Infektionsgefahr stark erhöht. Von möglichen Infektionsrisiken bei falschem Anlegen und Abnehmen der Maske und unzureichender Reinigung ganz zu schweigen.
Besonders bitter wird es, wenn wir uns – vielleicht während des nächsten und dann richtigen Lockdowns – daran erinnern lasen müssen, dass ein weiterer Monat Kontaktsperre möglicherweise ausgereicht hätte, den dann anstehenden Kollaps des Gesundheitssystems zu verhindern.
Ein wesentliches Problem, und da sind wir wieder einmal beim Thema dieses Blogs, ist die Kommunikation – und hier speziell der Faktor Zeit. Weder die Politik noch die Massenmedien noch ihre Wähler und Konsumenten, also wir, sind bereit, einfach mal zwei Wochen abzuwarten, bevor wir weitere Entscheidungen treffen. So lange dauert es aber durch den verzögerten Eingang der Daten, bis man beurteilen kann, ob die jeweiligen Maßnahmen, also z. B. die Öffnung der Schulen, einen positiven oder negativen Effekt zeigen.
Konkret: In den nächsten zwei bis drei Wochen sollten wir über das bisher Beschlossene hinaus erst einmal gar nichts machen und abwarten. Das ist wohlgemerkt kein Denk- oder Diskussionsverbot, wohl aber ein Appell, Entscheidungen nicht ohne fundierte Daten zu treffen.
Wie Sir Arthur Canon Doyle seinen unsterblichen Detektiv Sherlock Holmes einmal zum Thema fehlende Fakten und falsche Schlussfolgerungen sagen lässt: “I can’t make bricks without clay.”
23.04.2020: König Fußball – sollte der Ball wieder rollen?
Der Aufschrei aus der Ecke der Gesundheitsexperten (Karl Lauterbach) war zu erwarten. Und auf den ersten Blick haben Sie ja auch völlig recht.
Wir verschwenden Testkapazitäten, die wir in Gesundheitseinrichtungen dringend brauchen. Wir riskieren Infektionsherde vor den Stadien, wenn sich Fans nicht davon abbringen lassen, den Geisterspielen zumindest vor dem Stadion beizuwohnen. Wir laufen Gefahr, dass die Menschen die restlichen Regeln zum Social Distancing nicht mehr ernst genug nehmen, wenn sie für die Fußballprofis anscheinend nicht zu gelten scheinen.
Das ist die eine Seite.
Aber es gibt noch eine andere, die man etwas ironisch “Brot und Spiele” nennen könnte. Fußball ist der beliebteste Sport in Deutschland und Millionen hängen jede Woche vor dem Fernseher oder sitzen im Stadion. Diese Freizeitbeschäftigung ist mit vielen anderen weggefallen. Wenn eine Wiederaufnahme der Bundesliga dazu führt, dass sich die Menschen länger und etwas leichter mit den restlichen Einschränkungen abfinden und nicht eigenmächtig die Regeln brechen, könnte das unter dem Strich ein großer Vorteil sein. Einer, der die offensichtlichen Nachteile quantitativ überwiegt.
Das muss man gegeneinander abwägen. Wenn man sich dafür entscheidet, sollte man es der Bevölkerung aber auch offensiv genau so kommunizieren. Dazu muss man Vertrauen in die Menschen haben – und in die Fähigkeit zur eigenen Kommunikation.
Ob ich als Fußballspieler (oder Familienmitglied) begeistert wäre, dass es schon jetzt wieder losgehen soll, steht natürlich auf einem völlig anderen Blatt. Genauso, ob das Konzept des DFL funktionieren wird und wir nicht jede Woche zusehen dürfen, wie eine andere Mannschaft mit Mann und Maus in Quarantäne gesteckt wird. Oder Schlimmeres.
Ohne Worte …
21.04.2020: Coronavirus und Harry Potter
Vielleicht sollten wir uns an Harry Potter orientieren und nicht von “Coronavirus” sprechen, sondern einfach sagen: “Du weißt schon was.” 🙂
John Oliver hat in seiner Show “Last Week Tonight” die fünfte Folge zum Coronavirus ausgestrahlt. Wie immer sehenswert.
Gestern bei “Hart aber fair” sprach der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach über die Zukunftsaussichten im Umgang mit der Pandemie. Lauterbach sprach dabei von einem Ende der Einschränkungen im Jahr 2022. Genau, 2022, nicht 2021. Der Moderator Frank Plasberg unterbrach ihn völlig konsterniert. Lauterbach fragte darauf, ob man den Leuten etwa nicht die Wahrheit sagen sollte.
Sollte man.
Denn nur so können wir anfangen, einen längerfristigen Plan zu entwickeln, wie Deutschland durch diese Krise kommt.
Ein Hinweis, dass er Recht hat, bietet die Reproduktionszahl. Lag Sie eben noch bei 0,7 – Gesundheitsminister Jens Spahn sprach von einer Situation, die wieder beherrschbar geworden ist – sind wir nach dem Osterwochenende schon wieder bei 0,9. Anders gesagt: Wir nähern uns schon wieder der nächsten Ansteckungswelle. Warum? Vermutlich, weil sich viele Menschen an den Feiertagen nicht an die Kontaktbeschränkungen gehalten haben.
Man sieht daran einfach, auf wie instabil die Situation im Augenblick ist. Ein kleiner Fehler kann uns blitzschnell in den nächsten Lockdown führen.
Dazu ein nettes Bild, das in den sozialen Medien die Runde macht.
20.04.2020: Pandemie und Finanzkrise – die großen Zahlen
Etwas erinnert mich sehr stark an die Finanzkrise 2008: Man gewöhnt sich schon fast teilnahmslos wieder an die großen Zahlen, stumpft ein wenig ab, verliert die Perspektive.
Waren es damals vor allem die finanziellen Rettungsschirme für die Banken – Milliarden reichten nicht mehr, Billionen mussten her – sind es heute Zahlen aus allen Lebensbereichen, bei denen man nach dem Lesen einmal kurz nachdenken sollte.
Eine Kostprobe:
- Deutschland allein benötigt 12 Milliarden Schutzmasken pro Jahr
- 1,5 Milliarden Kinder können wegen der Corona-Pandemie nicht mehr zur Schule gehen
- In den USA verloren in vier Wochen mehr als 20 Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz; das entspricht der Hälfte der Erwerbstätigen in Deutschland
18.04.2020: Medikamente gegen COVID-19
Medikamente gegen COVID-19 – ein heißes Eisen. Gerade sind bei einem Versuch mit dem vom US-Präsidenten so warm empfohlenen (“What do you have to lose?”) Malaria-Medikament Chloroquin in Brasilien 11 Menschen gestorben. Das Mittel war testweise 81 Patienten verabreicht worden, der Tod trat nach wenigen Tagen ein.
Mit dem eigentlich gegen Ebola entwickelten Medikament Remdesivir scheint es dagegen erste Erfolge bei der Behandlung von Corona-Patienten zu geben.
Bleibt zu hoffen, dass sich die Hoffnung auf dieses Medikament nicht auch wieder schnell in Luft auflöst, denn ein Impfstoff ist noch weit.
Bitter natürlich für alle die, die bereits jetzt schwer erkrankt sind und für die eine Zulassung wohl zu spät kommen würde.
Und vielleicht auch eine Mahnung an diejenigen, die damit argumentieren, dass man sich doch lieber jetzt (vorsätzlich) anstecken sollte, solange die Intensivstationen noch nicht überfüllt sind …
Gesehen bei einem türkischen Geschäft in meiner Nähe:
16.04.2020: America first!
In den USA haben binnen vier Wochen 22 Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz verloren. Da wird einem Deutschland doch gleich wieder sympathischer.
Passend dazu mein Lieblingscartoon für heute:
13.04.2020: Last week tonight with John Oliver (Coronavirus IV)
Inzwischen gibt es den vierten Teil von “Late Night with John Oliver” zur Coronavirus-Pandemie ausgestrahlt. Aufrüttelnd und trotzdem witzig – wie immer.
12.04.2020: Es geht aufwärts bzw. abwärts
Die gute Nachricht des Tages: mehr Genesene als Infizierte.
10.04.2020: FDP – das tut weh
Die FDP fordert eine Homeoffice-Pauschale von 100 pro Monat als Werbungskosten.
Persönliche Meinung dazu: Wer im Moment so glücklich ist, einen sicheren Job zu haben und von zu Hause aus arbeiten zu können, sollte einfach mal froh sein. Und dankbar, dass er gerade nicht im Krankenhaus, Pflegeheim oder an der Kasse im Supermarkt arbeiten oder von Kurzarbeitergeld leben muss.
Wenn der Staat noch Geld übrig hat, sollte er es besser an die wirklich systemrelevanten Berufe verteilen.
Falls diese Pauschale kommt, kann ich nur hoffen, dass die Nutznießer das Geld an Organisationen wie die Tafeln spenden oder für Geschenke an Altenpfleger und andere Helden des Alltags ausgeben.
Und abgesehen davon: Wem nützen ernsthaft in der momentanen Situation ein paar Hundert Euro, die man über die Steuererklärung Ende nächsten Jahres zurückbekommt? Wir haben gerade wirklich Wichtigere Themen.
09.04.2020: Corona-Bonds und deutsche Exporte
Corona-Bonds – ein heißes Thema im Moment. Warum sollte Deutschland einen Beitrag für Länder wie Spanien und Italien leisten?
Vielleicht hilft da – ethische Aspekte einmal beiseite gelassen – ein Blick auf die deutschen Exporte, ohne die unsere Wirtschaft nicht da stünde, wo sie heute steht. Schätzungsweise ein Viertel der deutschen Arbeitsplätze hängen vom Export ab.
Insgesamt betrugen Deutschlands Exporte im Jahr 2019 1,3 Billionen Euro.
Ein Blick auf unsere wichtigsten Handelspartner zeigt: Europa ist für uns (über)lebenswichtig. Allein die Exporte nach Italien und Spanien machen über 100 Milliarden Euro aus.
Rechnet man noch weitere europäische Länder wir Frankreich, die Niederlande und Österreich dazu, landet man schon bei ungefähr der Hälfte unserer Gesamtexporte.
Auf den Punkt gebracht: Deutschlands Erfolg ist ein europäischer. Wenn wir keine solidarische Lösung für Europa finden, ist auch unser Wohlstand langfristig in Gefahr.
Denn glaubt irgendjemand (außer vielleicht den Populisten von AfD & Co.) ernsthaft, dass Deutschland ohne ein starkes, grenzenloses, von Zöllen befreites, friedliches und geeintes Europa mit einer einheitlichen Währung so weitermachen kann wie bisher?
Nur ein eng verflochtener, stabiler und dynamischer Wirtschaftsraum Europa mit rund 500 Millionen Einwohnern wird ansatzweise eine Chance haben, im Wettbewerb mit China, den USA und anderen aufstrebenden Staaten und Regionen nicht dauerhaft abgehängt zu werden.
Ja, Deutschland und andere finanzstarke Staaten werden mehr zahlen müssen. Aber wir sollten das als eine Investition in unsere eigene Zukunft sehen.
Natürlich gibt es auch Gegenstimmen. Sie verweisen vor allem darauf, dass das Corona-Bonds der Einstieg in Euro-Bonds sind. Die Folge: eine Vergemeinschaftung der Schulden und fehlende Anreize für Staaten wie Italien oder Spanien, Ihre Haushalte zu sanieren. Das lässt sich aber relativ einfach durch zwei Maßnahmen beheben:
- Beschränkung der Bonds auf den aktuellen Notfall. Wo steht geschrieben, dass es diese Bonds dauerhaft geben muss?
- Klare Absprachen, wofür die gemeinsam aufgenommenen Schulden eingesetzt werden.
Ein weiteres Argument halte ich ebenfalls nicht für stichhaltig. Demnach sind die Zinsen, die Staaten wie Italien oder Spanien für ihre Schulden bezahlen müssen niedrig. Daher, so das Argument weiter, bringen die Euro-Bonds letztlich keine Vorteile. Dazu ist zu sagen: Das mag im Moment stimmen. Die Zinssätze werden sich aber massiv ändern wenn
a) der wirtschaftliche Einbruch in den nächsten Monaten vollständig sichtbar wird; die Zweifel an der Überlebensfähigkeit der staatlichen Haushalte werden für diese Länder die Zinsen hochtreiben
b) große Wetten gegen den Euro bzw. die betroffenen Staaten eingegangen werden. Man denke an Griechenland während der Finanzkrise. Wenn wir dann erst, wie einst Mario Draghi, “die Bazooka rausholen”, ist es entweder zu spät oder wird noch deutlich teurer – auch für Deutschland.
08.04.2020: Yoga von zu Hause
Heute mal ein bisschen Werbung für mein Lieblings-Yogastudio: Yoga39 in Köln.
Dort gibt es jeden Tag Yoga per Livestream. Sehr nettes und kompetentes Team.
Mit einem Klick auf das Bild gelangst du direkt zum aktuellen Kursplan.
07.04.2020: Das ist ein Überfall …
Zeit, sich beim Einkaufen an eine Maske zu gewöhnen …
Wenigstens gab es heute mal zwei gute Nachrichten:
- Die Verdoppelungsrate bei den Infektionen hat sich weiter verlangsamt und liegt jetzt schon bei mehr als 12 Tagen
- Heute wurden mehr Genesene als Neuinfizierte gezählt
06.04.2020: Der Hammer und der Tanz
“Hammer and dance”. Der Begriff taucht in letzter Zeit öfter auf. Er entstammt dem Fachartikel „The Hammer and the Dance“ des Verhaltensforschers Tomas Pueyo.
Die darin vorgeschlagen Strategie bedeuetet:
- The Hammer: Eine schnelle und aggressive Antwort auf die Ausbreitung des Virus. Das Ziel: die Ausbreitung des Virus möglichst stark abzubremsen. Das meint also etwas Ähnliches wie “flatten the curve”. Genau in dieser Situation – Stichwort Kontaktsperre – befinden wir uns gerade.
- The Dance: Wenn es auf diese Weise gelingt, die Ausbreitung abzubremen, beginnt, bildlich gesprochen, der Tanz. Das Ziel: Lockerung der Kontaktsperre bei gleichzeitig kontrollierter Ausbreitung des Virus, bis ein Impfstoff zur Verfügung steht. Im Gegensatz zu wenigen Wochen sprechen wir hier von vielen Monaten.
In der folgenden Abbildung siehst du auch, welche Maßnahmen in der jeweiligen Phase wichtig sind:
Eine gute Zusammenfassung auf Deutsch findest du im Tagesspiegel.
05.04.2020: Gesundheitssystem USA vs. Deutschland
Der amerikanische TV-Sender CNBC hat schon im letzten November einen Vergleich zwischen dem Gesundheitssystem der USA und dem andere Länder gemacht.
Ein spannender Perspektivenwechsel für alle, denen hier mal wieder alles zu schlecht ist…
03.04.2020: Corona-Nothilfe für Selbstständige
Ich muss heute mal eine Lanze für die Bundesregierung brechen.
Am Freitag war der Fragebogen für die Corona-Soforthilfe für Freiberufler und Soloselbständige online.
Am Samstag hatte ich wegen stark einbrechender Umsätze den Antrag gestellt. Der Fragebogen war absolut übersichtlich und einfach gehalten.
Noch am selben Tag kam die Zusage.
Gestern hatte ich das Geld auf dem Konto.
Ich kann nur für mich sprechen, aber das nimmt mir kurzfristig einiges an Zukunftssorgen.
Natürlich hatte nicht jeder das Glück, dass es so schnell geht, denn der Ansturm ist enorm. Allein in NRW waren es gestern schon mehr als 300.000 Anträge eingegangen, die bearbeitet, entschieden und dann ausgezahlt werden müssen.
Aber es ist schon eine tolle Leistung, wie schnell das Gesetz beschlossen und wie unbürokratisch es umgesetzt wird.
In diesem Sinne: Danke – nicht zuletzt auch an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Anträge bearbeiten!
02.04.2020: 40-täne
Aus der Reihe nutzloses Halbwissen 😉
Warum heißt es eigentlich Quarantäne?
Das hat mit der großen Pest im 14. Jahrhundert zu tun. Venedig beschloss damals, dass Schiffe 40 (quaranta) Tage im Hafen liegen mussten, bevor die Besatzung von Bord durfte. Die 40 Tage waren damals natürlich nicht wissenschaftlich begründet, sondern willkürlich bzw. aus der Bibel abgeleitet.
Es gibt übrigens in der Zeitschrift GEO EPOCHE eine sehr lesenswerte (und irgendwie aktuelle) Ausgabe über die Pest. Die Ausgabe lässt sich unter diesem Link bestellen.
01.04.2020: Coronavirus und die Welt
Durch meine Arbeit bei UNICEF landen fast jeden Tag Meldungen zu COVID-19 aus vielen Ländern der Erde in meiner Inbox.
Hier mal ein zufällig herausgegriffenes Beispiel: Pakistan.
Auf den ersten Blick sehen die Zahlen für Pandemie-Verhältnisse noch ganz entspant aus. Etwas mehr als 2.000 Infizierte, 25 Tote. Also eine Todesrate von ungefähr einem Prozent und, gemessen an den geschätzt 200 Millionen Einwohnern, eine geringe Zahl an Infizierten.
Aber auch etwas anderes ist recht normal für die Coronavirus-Pandemie:
Die exponentiell wachsenden Kurven der Infizierten dürften inzwischen jedem bekannt vorkommen. Aber normal ist eigentlich das falsche Wort. Die Entwicklung ist katastrophal und wir müssen sie soweit wie möglich bremsen.
Immerhin wird die Zahl der Länder und Politiker, die noch immer versuchen, die Situation schönzureden, von Tag zu Tag kleiner.
Selbst Unbelehrbare wie der brasilianische Präsident Bolsonaro rudern inzwischen zurück.
Und auch Donald Trump spricht von über 200.000 Toten in den USA. Man muss befürchten, dass er zum ersten Mal in seiner Amtszeit nicht übertreibt …
Wer sich etwas umfassender informieren will, findet hier einen umfassenden Situationsbericht (auf Englisch) für jedes Land.
31.03.2020: Sinnsuche in der Pandemie
Noch so eine Märchengeschichte, die im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie immer wieder durch die sozialen Medien geistert: Das Virus wäre sozusagen “der große Gleichmacher”. Ob reich oder arm, schwarz oder weiß, Mann oder Frau (auf “jung oder alt” wird logischerweise verzichtet) – das Virus macht keinen Unterschied. Wir sitzen, so geht das Märchen dann weiter, alle im selben Boot und erleben eine Art natur- oder gottgegebene Gerechtigkeit.
Vor Gott und dem Coronavirus sind alle Menschen gleich.
Auch das ist natürlich ein Witz.
Man kann sich das recht einfach klarmachen.
Mit wem möchte man in diesen Tagen tauschen? Mit der Kassiererin, Altenpflegerin, Krankenschwester? Der alleinerziehenden Hartz 4-Empfängerin mit zwei schulpflichtigen Kindern und einer Mietwohnung mit 50 Quadratmetern ohne Internetzugang?
Oder wäre man doch lieber die gute bezahlte IT-Fachkraft, die sich mit der ebenfalls gerade im Homeoffice arbeitenden Frau und Akademikerin das Arbeitszimmer teilen muss? Mit flüssig laufendem WLAN und einem Laptop pro Kind? Eben.
Ja, es gibt auch Ärzte, die “an der Front” arbeiten. Aber wenigstens sind die gut bezahlt – und rein zahlenmäßig natürlich auch viel weniger als die breite Masse, derer, die täglich für wenig Geld und mit hohem Risiko zur Arbeit geht.
Noch krasser wird das Ganze, wenn mal an richtig arme Länder mit einer entsprechend extremen Schere zwischen arm und reich denkt. Für wen werden die wenigen Beatmungsgeräte dort wohl reserviert werden? Man lese zur Illustration mal den UNICEF-Artikel “DREI BEATMUNGSGERÄTE FÜR ACHT MILLIONEN MENSCHEN“. Was wird aus Menschen, die in Slums leben, und für die Social Distancing und regelmäßiges Händewaschen nicht mehr sind als ein frommer Wunsch?
Auf die Ärmsten der Armen rollt eine Katastrophe zu.
Obwohl, eigentlich muss man sich keine Schwellen- und Entwicklungsländer ansehen. Es reicht schon der Blick nach Amerika. Wer nicht zahlt, wird nicht behandelt. So verstarb ein 17jähriger in der Nähe von Los Angeles, der von einem Krankenhaus abgewiesen wurde, weil er keine Krankenversicherung hatte und deshalb von der Notaufnahme abgewiesen wurde. Und wer sind die Leute ohne Krankenversicherung? Genau.
Wie so häufig trifft die große Krise diejenigen am härtesten, die schon vorher am wenigsten hatten.
Darüber sollten wir mal nachdenken, wenn wir wieder über die schlechte Skype-Verbindung, das geschlossene Yogastudio oder die vielen auszudruckenden Arbeitsblätter für unsere Kinder jammern.
30.03.2020: Drosten ist es leid
Der Virologe Christian Drosten ist den Medien stark präsent, zum Beispiel durch Interviews, Teilnahme an Talkshows und den Podcast im NDR.
Dass dem Wissenschaftler dabei alles andere als wohl ist, kann man in seinem Podcast nachhören (ab Minute 26).
Auch die Welt berichtete unter dem Titel „Sehe mich als Comicfigur – und mir wird schlecht dabei“.
Man kann nur hoffen, dass sich jemand, der so kompetent und gleichzeitig unaufgeregt wichtige Fakten liefert, nicht aus der Öffentlichkeit zurückzieht! Auch sehr angenehm, wie Professor Drosten immer wieder die Grenzen zwischen der Wissenschaft (= Fakten liefern) und der Politik (=Entscheidungen treffen) zieht.
29.03.2020: Wie funktioniert ein Beatmungsgerät?
Atmungsgeräte werden ja dringend benötigt. Aber wie funktionieren die eigentlich?
Die FAZ hat dazu ein kurzes und anschauliches Video veröffentlicht:
Ein viel diskutierter Ansatz im Moment ist die passive Immunisierung, also eine indirekte Impfung mit den Blutspenden geheilter Infizierter.
In der FAZ gibt es dazu einen lesenswerten Artikel, der die Chancen und Risiken erklärt.
28.03.2020: Trump, Mexiko und China
Mein Lacher des Tages:
An einem Kindergarten gesehen
27.03.2020: Corona-Soforthilfe – der Countdown läuft
Heute soll der dringend erwartete Antrag auf Soforthilfe für Soloselbstständige und Kleinunternehmen in Nordrhein-Westfalen online gehen.
Was soll man sagen: Nur keine unchristliche Hast …
Die Debatte über die Aufhebung der Schutzmaßnahmen hat begonnen. Etwas polemisch gesagt: Wie viel Tote mehr oder weniger nehmen wir für welches Maß an wirtschaftlichem Schaden in Kauf? Klar ist, dass wir besser früher als später aus der Kontaktsperre aussteigen müssen, um Deutschland wirtschaftlich nicht an die Wand zu fahren. Und es ist sicher richtig, dass die Politik unterstützt von Experten schon jetzt beginnt, dafür Szenarien zu entwickeln.
Ob man diese Diskussion im Moment an die große Glocke hängen und öffentlich diskutieren sollte, ist natürlich eine ganz andere Frage – gerade jetzt, wo die breite Masse der Bevölkerung endlich die notwendigen Maßnahmen befolgt. Entsprechend kann man die Reaktionen von Politikern wie Armin Laschet interpretieren, dass solche Spekulationen suggerierten, man sei schon über den Berg.
Der Wetterbericht für nächsten Tage: in ganz Deutschland sonnig und wärmer. Man darf gespannt sein, ob es an Rhein, Spree, Elbe und Isar in den nächsten Tagen ruhig bleibt oder es mit der Vernunft dann ganz schnell wieder vorbei ist …
Man kann nur hoffen, denn die Zahlen des Robert Koch Instituts sind nach wie vor verheerend, fast 6.000 neue Infizierte seit gestern:
26.03.2020: Nach der Pandemie das Paradies?
Im Moment sehe ich, meist in den Social Media-Kanälen, den Versuch, die Krise rund um das Coronavirus positiv zu deuten. Das klingt dann meistens ungefähr so:
Das Virus ist der Weckruf, den die Welt gebraucht hat. Es zwingt uns, nachzudenken und unser Verhalten zu ändern. Unsere schnelle, hektische, globalisierte, konsumgetriebene, wachstumsgläubige, geldgierige usw. Gesellschaft hat sich überlebt und wird sich nach dieser Krise grundlegend ändern. Wir werden viel achtsamer und nachhaltiger leben, globale Lieferketten aufgeben, die Digitalisierung vorantreiben, die Arbeitswelt umkrempeln, enger zusammenwachsen usw.
Am Ende solcher Fantasien steht nicht mehr und nicht weniger als eine bessere und gerechtere Gesellschaft.
Ob mit “Gesellschaft” nur Deutschland, nur Europa, nur die Industriestaaten oder wirklich alle Länder der Welt gemeint sind, bleibt offen – und damit auch die Frage, ob es überhaupt denkbar ist, dass es bei einer gesellschaftlichen Transformation wirklich nur Gewinner geben kann.
Solchen Vorstellungen sollte man einige Fakten entgegenhalten:
- Es sterben jeden Tag Tausende von Menschen am Coronavirus. Begreifen wir die als unvermeidliche Opfer, die wir für eine bessere Gesellschaft bringen müssen? Märtyrer, die uns die Erlösung sichern?
- Die Verschuldung der meisten Staaten aufgrund der aufgelegten Konjunkturprogramme wird weiter massiv steigen. Allein in Deutschland reden wir von 150 Milliarden Euro an zusätzlichen Schulden; diese Last werden zukünftige Generationen tragen müssen
- Die Gelder, die wir zur Abfederung der Corona-Pandemie einsetzen, werden uns natürlich an anderer Stelle fehlen, z. B. bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels
- Die Anzahl der Arbeitslosen wird durch Personalabbau und Firmenpleiten in vielen Ländern rasant zunehmen. Beispiel USA: Im Moment werden Arbeitslosenquoten von bis zu 18 % diskutiert ; die entstehenden Kosten müssen die verbleibenden Steuerzahler tragen. Möglicherweise sinken die Löhne, vor allem im Niedriglohnsektor
- Eine Rückverlagerung globaler Wertschöpfungsketten wird für die Verbraucher – Stichwort Lohnniveaus – zu Preissteigerungen führen; für Schwellen- und Entwicklungsländer könnten die Folgen katastrophal sein, z. B. in der Modeindustrie
- Beispiel Finanzkrise 2008: Natürlich gab es Maßnahmen, damit sich eine vergleichbare Krise möglichst nicht wiederholt. Aber an den grundlegenden Mechanismen des Kapitalismus hat sich rein gar nichts geändert. Dauerhaft steigende Gewinne durch Wachstum auf der einen und Kosteneinsparungen auf der anderen Seite, sind immer noch das ewige Mantra. Das Gezocke an den Börsen hat sogar eher noch zugenommen
- Im Moment gibt es nur wenig Hinweise darauf, dass die Länder im Angesicht dieser globalen Krise enger zusammenstehen. Grenzen werden geschlossen, Kriege gehen mit unveränderter Brutalität weiter und viele Krisen geraten zunehmend aus dem Blick, weil die Medien zu 80 % aus Corona-News bestehen (erinnerst du dich z. B. noch an die Heuschreckenplage und die dadurch drohende Hungersnot in Afrika ?)
Meine Vermutung, was die Effekte aus der Coronavirus-Pandemie angeht: In Zukunft haben wir etwas mehr Schutzmasken und -kleidung auf der hohen Kante und es gibt auch ein paar Intensivbetten und Atmungsgeräte mehr. Und in Deutschland hoffentlich auch etwas mehr Toilettenpapier. Dank der Impfung, die ab nächstem Jahr bereitstehen wird, fühlen wir uns aber alle wieder sicher und machen weiter wie bisher.
Klingt pessimistisch? Möglich, aber zu glauben, dass eine globale Krise, die die ganze Welt auf längere Zeit massiv belasten wird, in ein Paradies mündet, ist naiv.
25.03.2020: Zwei Milliarden US-Dollar für Nothilfe
UNICEF bittet als Teil der Vereinten Nationen jetzt weltweit um Unterstützung. Für Nothilfe in 51 Ländern werden von der UN zwei Milliarden US-Dollar benötigt, davon über 650 Millionen für das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen. Erscheint auf den ersten Moment viel, aber wenn man mal überlegt, wie viele Kinder und Familien weltweit betroffen sind bzw. sein werden, relativiert sich das relativ schnell.
Die UNICEF-Pressemitteilung zum Nothilfeaufruf findest du hier.
Die Schockwellen, die die Corona-Pandemie weltweit auslöst, sind beeindruckend – und erschreckend.
Allein in Bangladesch haben große Modelabels wie Primark Aufträge für mehr als 1,5 Milliarden US-Dollar storniert. Kein Wunder. So hat H&M beispielsweise in Deutschland seit dem 18.03. alle Filialen in Deutschland, den USA und weiteren Ländern geschlossen. Auch Primark hat 376 Läden in 12 Ländern dicht gemacht.
Die Auswirkungen auf die Produktionsländer sind entsprechend dramatisch – besonders in Staaten, in denen man von Kurzarbeiter- oder Arbeitslosengeld noch nie etwas gehört hat. Einen spannenden Artikel zum Thema findest du hier.
24.03.2020: Ohne Wasser keine Hygiene
Passend zum Thema “mögliche Auswirkungen der Coronavirus-Epidemie auf Schwellen- und Entwicklungsländer: Gestern hat UNICEF in einer Pressemitteilung zum Weltwassertag darauf hingewiesen, dass sich drei Milliarden Menschen zu Hause nicht die Hände waschen können. Weltweit haben fast die Hälfte aller Schulen keine Anlagen für das Händewaschen mit Wasser und Seife. Den Rest kann man sich ausrechnen.
Was passiert eigentlich, wenn das Coronavirus in einem Schwellen- oder Entwicklungsland grassiert? Kaum vorstellbar. Der Geschäftsführer des kirchlichen Hilfswerks Misereor, Martin Bröckelmann-Simon, weist bei tagesschau.de beispielsweise darauf hin, dass 70 Millionen Inder dicht gedrängt in Slums leben. Abstandhalten oder Kontaktsperren sind dort ein frommer Wunsch, mehr aber nicht. Von der medizinischen Versorgung ganz zu schweigen.
Norwegen hat deshalb den Aufbau eines Hilfsfonds unter UN-Schirmherrschaft vorgeschlagen, wie es ihn schon für die Ebola-Epidemie 2014/2015 gegeben hat.
Die Zahlen des Robert Koch Instituts bleiben unerfreulich: Am Freitag, dem 20.03., waren 13.957 Infizierte, Stand 24.03. sind es 27.436 also fast 13.500 mehr. Statt 31 sind es inzwischen 114 Tote.
Ob die Kontaktsperre wirkt, werden wir wohl frühestens in einer Woche sehen.
Ab und zu brauche ich was zum Lachen. Mein heutiges Lieblingsvideo:
Kontaktsperre, Ausgangsbeschränkungen: So richtig die Maßnahmen im Moment auch sein mögen, sollte man sich einmal klarmachen, wie stark gerade unsere in unsere durch das Grundgesetz verbrieften Rechte eingegriffen wird. Freizügigkeit, Versammlungsfreiheit und die Unverletzlichkeit der Wohnung können auf Basis des Infektionsschutzgesetzes Abs. 17 außer Kraft gesetzt werden – und das passiert nun auch.
Auch mit der freien Ausübung des Berufs ist es für viele Berufsgruppen erst einmal vorbei.
Dazu kommt noch die Diskussion über die Weitergabe von Handy- und Bewegungsdaten. Die Deutsche Telekom hat bereits anonymisierte Handydaten an das Robert Koch Institut übergeben, mit denen sich die Bewegungsmuster der Nutzer auswerten lassen.
Man hört immer wieder Kritik an der Bundesregierung, dass es viel zu lange gedauert hat, die Kontaktsperre bzw. Ausgangsbeschränkungen zu beschließen. Persönlich bin ich recht froh darüber, dass sich die Regierung diese Entscheidung nicht leicht gemacht hat. Auch erwarte ich, dass die Einschränkungen so schnell wie möglich wieder zurückgenommen werden.
In der Zeit gibt es unter dem Titel “Die andere Gefahr” einen interessanten Kommentar zu dem Thema.
23.03.2020: Pandemie-Werbung, die nach hinten losgeht
Nike ruft die Menschen mit Instagram-Werbung auf, zuhause zu bleiben. Die meisten Kommentare sind alles andere als schmeichelhaft. Auf mich wirkt das Ganze auch recht aufgesetzt. Während andere Unternehmen Schutzmasken (z. B. der Hemdenhersteller Trigema) oder Desinfektionsmittel (z. B. der Luxusgüterkonzern Moet Hennessy Louis Vuitton) produzieren – man mag auch das für PR-Gags halten, aber wenigstens sind es gute – beantwortet Nike als Marke zwei einfache Frage nicht:
- Was tust Du in dieser Krise, um zu helfen?
- Wieso sollten wir Dir diesen Appell abkaufen?
Schöne Sache: Einige prominente Fussballer wie Leon Goretzka, Joshua Kimmich und Robert Lewandowski haben unter dem Motto “We Kick Corona” mehrere Millionen Euro gespendet, die karitativen, sozialen oder medizinischen Einrichtungen im Kampf gegen das Coronavirus helfen sollen.
Mehr unter www.wekickcorona.com
Ich war nie ein großer Fan von Oliver Pocher. Aber sein Instagram-Videos sind echt sehenswert. Er hat sich ja selbst infiziert und sitzt im Moment Zuhause in Quarantäne. Seine Kommentare zu vielen Influencern, die den Schuss noch nicht gehört haben, sind große Klasse.
Auf der Seite des Robert Koch Institus gibt es jetzt eine Seite, auf der man sich die Anzahl der Infizierten und Verstorbenen auf Landkreisebene ansehen kann.
Es gibt sogar eine Suche nach Postleitzahlen.
22.03.2020: SPD – nein danke!
Vorgestern ein Tweet der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken, die sich gegen eine Ausgangssperre ausspricht. Während sich der Finanzminister Olaf Scholz lernfähig zeigt und von der schwarzen Null abrückt, scheint Frau Esken noch in einem Paralleluniversum zu leben.
In Italien sind binnen eines Tages 600 (!) Menschen gestorben. Wir tun gut daran, alle Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbreitung des Coronavirus zu bremsen.
In der Nacht zum Samstag hat die Polizei im Saarland wohl wieder diverse “Corona-Partys” aufgelöst, schreibt die Saarbrücker Zeitung.
Gerade mal bei Google Shopping “Corona” eingegeben. Funny. Not.
21.03.2020: Drosten erklärt die Welt
Heute im Coronavirus-Update, dem Podcast des NDR mit Prof. Dr. Christian Drosten u. a. das Thema Ausgangssperre (Folge 18 ab Minute 19). Sehr hörenswert.
Gerade beim Einkaufen gewesen. Das Regal mit Toilettenpapier ist wieder/immer noch leer. Zum Kopfschütteln – und weiterer Grund, keinem mehr die Hand zu schütteln. Am Ende wäre es ja einer, dem die Vorräte ausgegangen sind.
Überall in meinem Supermarkt sind Klebestreifen, um die Einkaufenden zu einem Sicherheitsabstand von zwei Metern anzuhalten. Mein Eindruck: Von zehn Leuten halten sich sieben daran, drei Idioten hat man immer. Das sind im Augenblick leider genau drei zuviel. Hat mir auch das Personal auf Nachfrage bestätigt, dort erwarten die meisten eine Ausgangssperre. Das Ganze erinnert mich ein wenig an das Thema “Sicherheitsabstand auf der Autobahn”: Man kann es den Leuten vorrechnen. Aber es gibt immer ein paar Idioten, die es nicht begreifen (wollen).
Das erste bekannte Unternehmen meldet aufgrund der Coronavirus-Epidemie Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit: die Restaurantkette Vapiano.
Die finanzielle Lage von Vapiano war zwar vorher schon nicht rosig, aber das wird sicher nicht das letzte Unternehmen gewesen sein.
Bayern verkündet Ausgangsbeschränkungen. Söder spricht von vollen Café und Restaurants, Corona-Partys usw.
Wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis weitere Bundesländer nachziehen.
Das ist nun die Quittung dafür, dass viele Deutsche schlicht zu ignorant oder zu dämlich sind, um Ihr Verhalten zu ändern. In Italien ersticken Patienten, die nicht mehr beatmet werden können. Wollen wir das hier auch?
In diesem Zusammenhang die aktuellen Fallzahlen vom Robert Koch Institut: 13.957. Damit eine Erhöhung gegenüber gestern von 2.958 Fällen.
Aus der Kategorie nutzloses Wissen: Warum heißt das Ding eigentlich Coronavirus?
Lateinisch heißt “corona” so viel wie “Kranz, Krone”. Und in der Tat sehen Coronaviren bei hoher Auflösung unter dem Elektronenmikroskop so aus, als hätten Sie einen Strahlenkranz.
20.03.2020: Gelebte Solidarität
Schön zu sehen, dass es Nachbarschaftshilfe gibt, z. B. für den Gang zur Apotheke oder fürs Einkaufen.
An einer Laterne bei mir um die Ecke:
Auch auf Nachbarschaftsportalen wie nebenan.de bieten viele Leute ehrenamtlich ihre Unterstützung an.
19.03.2020: UNICEF empfiehlt
UNICEF Deutschland hat zwei gute Seiten veröffentlicht:
- Coronavirus: Was Eltern jetzt wissen sollten
- Wie können Sie mit Ihrem Kind über das Coronavirus sprechen
© UNICEF/UN0198824/Sokhin
Der Podcast des NDR mit Prof. Dr. Christian Drosten (Leiter der Virologie an der Berliner Charité) ist sehr hörenswert. Fundiert, ohne zu überfordern. Heute ging es um die Frage nach einem möglichen Medikament gegen die Infektion mit dem Coronavirus. Das Malaria-Medikament Chloroquin wird momentan heiß gehandelt, aber wie so oft sind die Dinge komplizierter als man im ersten Augenblick denkt.
Starkes Signal aus Bayern: Das Bundesland stellt bis zu 10 Milliarden Euro Soforthilfe für Selbständige, Freiberufler und kleine Unternehmen bereit. Das Ganze ist gestaffelt zwischen 5.000 bis maximal 30.000 Euro. Der Antrag sieht insgesamt sehr überschaubar aus.
Bleibt zu hoffen, dass andere Bundesländer bald nachziehen, denn gerade bei den kleineren Firmen ist die Kapitaldecke oft dünn und Kredite und Steuerstundungen helfen da auch nur begrenzt weiter.
John Oliver hat übrigens ein neues Video über das Coronavirus gemacht. Wer einigermaßen Englisch kann, unbedingt ansehen (Teil 1 findest du hier) :
Sehr sehenswert ist neben der Seite des Robert Koch Instituts die Seite der WHO zur Coronavirus-Epidemie.
Schockierend ist die Zahl der kumulierten Fälle, die täglich gemeldet werden:
Wer mit dem Begriff “exponentielles Wachstum” nichts anfangen kann, kann sich ja mal die obige Grafik ansehen.
Zum Vergleich Italien. Fällt dir was auf?
Laut Robert Koch Institut sind wir Stand heute sogar bei fast 11.000 bestätigten Fällen, also schon wieder fast 3.000 mehr Menschen, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben.
Dabei dürfte die Dunkelziffer deutlich höher liegen. Ob drei-, fünf- oder zehnmal so hoch weiß allerdings niemand.
Ob die neue Maßnahmen greifen, wissen wir in ein bis zwei Wochen.
Der Ölpreis liegt inzwischen bei noch etwas über 25 US-Dollar pro Barrel. Vor fünf Jahren lagen wir noch bei über 125 US-Dollar. Hätte das jemand für möglich gehalten?
Der Dax ist inzwischen von knapp 14.000 Punkten auf etwas über 8.000 gefallen, also gut 40 %. Ähnliches gilt auch für die anderen wichtigen Indizes wie Dow Jones, S&P 500 usw.
Wer einen guten Überblick über die Finanzmärkte haben möchte, findet ihn zum Beispiel bei
Oft höre ich ja: “Ich habe keine Aktien, das interessiert mich nicht.”
Fragt man genauer nach, hört man dann von Berufsunfähigkeitsversicherungen mit Ansparmodell in Fonds, Fondssparplan für vermögenswirksame Leistungen, Enkel usw. Für einige, die glauben, ihr Geld “sicher” angelegt zu haben, kann das noch ein böses Erwachen geben – vor allem wenn sie kurzfristig an das Geld ranwollen.
Wer noch 5 -15 Jahre Zeit hat, um die Sache auszusitzen oder sogar das nötige Geld, Aktien mit Substanz nachzukaufen, kann sich dagegen etwas entspannter zurücklehnen, anstatt jetzt panisch zu verkaufen.
Aber auch die angeblich sicheren Häfen wie Gold sind um über 20 % gefallen. Außerdem ist Gold in den letzten Jahren bei weitem nicht so stark gestiegen wie Aktien.
Bitcoin und andere Kryptowährungen haben sich seit Beginn der Coronavirus-Epidemie sogar halbiert.
Bei dem Foto bekommt man aktuell doch richtig Lust auf eine Stelle im Vertrieb 😉
Regal mit Toilettenpapier in meinem Supermarkt:
Eine Kassiererin erzählte mir, dass Leute auf die Ansage, dass Sie nur ein oder zwei Pakete kaufen sollen, rotzfrech geantwortet haben, dass Sie dann einfach später noch mal wiederkommen und sich an einer anderen Kasse anstellen.
Aber wer weiß: Vielleicht bekommen Deutsche, die sich mit dem Virus infiziert haben, nicht nur Lungenentzündung sondern auch noch chronischen Durchfall.
18.03.2020: Bill hat’s gewusst
Ein echter Schocker ist der Ted Talk von Bill Gates aus dem Jahr 2015 nach der großen Ebola-Krise 2014/2015 in Guinea, Liberia und Sierra Leone. Prophetische acht Minuten, die einem mit Blick auf heute Gänsehaut machen:
Foto von gestern, eine “Drive-in-Apotheke” in meiner Nähe:
Gleichzeitig habe ich heute am Rhein Hunderte gesehen, die eng auf einem Haufen Bier getrunken oder Shishas geraucht haben.
Dazu kann man eigentlich nur sagen: Ausgangssperre, wir kommen!
Ein Video, das ziemlich viral gegangen ist:
Eltern schreiben mir, dass sie besonders “Tag 4” gut finden. Klar, mit Kindern in der Quarantäne kommt es schnell zum Budenkoller.
Passend dazu:
Für viele ist Homeoffice nur begrenzt praktikabel.