Besser verhandeln 1: Von der Win-Lose- zur Win-Win-SituationLesedauer 3 Min.
Nicht nur im Vertrieb und bei der Kundengewinnung, sondern auch im Alltag verhandeln wir deutlich öfter als uns das selbst eigentlich bewusst ist. Ob wir dabei allerdings erfolgreich verhandeln, d. h. das für uns optimale Ergebnis erzielen, ist eine ganz andere Frage. In dieser Reihe erhältst du wichtige Tipps und Tricks, wie du in Zukunft besser verhandeln kannst.
Das ganze Leben ist eine Verhandlung
Ob Du mit deinem Chef über ein höheres Gehalt sprichst, ein neues Auto kaufen willst, oder mit deiner Familie klärst, wohin der nächste Urlaub gehen soll: Fast immer stoßen dabei unterschiedliche Interessen aufeinander und es kommt zu einer Verhandlung. Grob lassen sich dann zwei mögliche Situationen unterscheiden:
a) Die Win-Lose-Situation (distributive Verhandlungssituation)
Hier gilt: Was der eine gewinnt, verliert der andere. Anders gesagt ist meistens der einzige Punkt, über den man verhandelt, der Preis. Das gilt auch dann, wenn sich die Verhandelnden dafür kreative Namen wie Skonto, Hochzeitsrabatt oder Werbekostenzuschuss einfallen lassen.
Beispiel Hauskauf: Was der Verkäufer an höherem Preis durchsetzen kann, verliert der Käufer – und umgekehrt.
Solche Verhandlungssituationen sind häufig von Härte, Druck, Drohungen und Machtgebärden geprägt. Ein aktuelles Beispiel ist die immer weiter eskalierende Verhandlung zwischen der Einzelhandelskette Kaufland und dem Hersteller Unilever (hier ein Bericht aus dem Handelsblatt). Letztes Kapitel in diesem Verhandlungskrimi: die Auslistung fast sämtlicher Unilever-Marken wie Knorr, Dove, Axe oder Domestos aus allen Kaufland-Filialen.
Eine solche Verhandlung bietet häufig für denjenigen gewaltige Vorteile, der sich in einer deutlich stärkeren Position befindet. Im obigen Beispiel sieht sich Kaufland als Teil der Schwarz-Gruppe, zu der auch Lidl gehört, und als einer der wenigen in Deutschland operierenden Lebensmitteleinzelhändler in einer sehr starken Position. Vermutlich zurecht: Für die Wahl des Supermarktes ist für die meisten Verbraucher die Entfernung und der Preis entscheidend. Zudem gibt es für die Marken von Unilever vergleichbar starke Konkurrenzmarken anderer Hersteller (z. B. Maggie, Nivea), auf die die Kunden ausweichen können.
Auch im Fall einer einmaligen Verhandlung, bei der ein Verhandlungspartner kein Interesse an regelmäßigen Geschäften hat, kann das Interesse fehlen, nach einer Situation zu suchen, in der beide Parteien zufrieden auseinander gehen. Man denke beispielsweise an eine Geiselnahme: Weder Polizei noch Geiselnehmer dürften Interesse an zukünftig regelmäßig stattfindenden und vertrauensvollen Verhandlungen haben.
b) Die Win-Win-Situation (integrative Verhandlungssituation)
Hat eine Verhandlung mehrere Verhandlungsgegenstände und gibt es unterschiedliche Präferenzen, besteht die Chance, eine Win-Win-Situation zu schaffen. Was dem einen besonders wichtig ist, hat für den anderen vielleicht eine eher untergeordnete Bedeutung.
Auch beim Aufbau langfristiger Beziehungen kann die Suche nach einer Win-Win-Situation sinnvoll sein.
Beispiel Handyvertrag: Eine Daten-Flatrate mit automatischer Drosselung nach Verbrauch einer festgelegten Datenmenge gibt dem Kunden das angenehme Gefühl, ohne Risiko ins Netz gehen zu können. Falls er die Höchstmenge nicht erreicht, zahlt er dann aber monatlich mehr als er mit einem anderen Tarif müsste, d. h. die Einnahmen des Anbieters sind höher. Gleichzeitig kann sich dieser auf einen planbaren monatlichen Umsatz einstellen.
Es gehen also in die Preisverhandlung weitere Faktoren ein, die für den jeweiligen Vertragspartner unterschiedlich wichtig sind.
Von der Win-Lose- zur Win-Win-Situation
In vielen Verhandlungen haben wir im ersten Moment nur einen Faktor im Kopf – und das ist meistens der Preis. Dabei gibt es häufig noch eine Menge anderer Punkte, die man zu einem Paket schnüren kann. In der Sprache der Verhandlungstechnik spricht man dabei auch davon, den sogenannten Lösungsraum zu vergrößern.
Denke zum Beispiel an den Kauf eines Autos und versetze dich einmal in die Lage eines Autohändlers. Folgende Fragen können seinen Lösungsraum erweitern:
- Ist der Kunde an einem Rundum-Sorglos-Paket interessiert (z. B. Zulassung, Steuer, Versicherung, Inspektionskosten für das erste Jahr, Einlagerung von Winterreifen, 24-Stunden-Notdienst)?
- Macht es für den Kunden einen Unterschied, ob er den Neuwagen einige Monate früher oder später bekommt?
- Gibt es andere Angebote, die für den Kunden attraktiv sind (z. B. kostenlose Nutzung eines Cabrios oder Elektroautos für ein Wochenende)?
Während der Verkäufer so möglicherweise einen höheren Preis durchsetzen kann, erhält der Käufer zusätzliche Leistungen, die über den reinen Kaufpreis des Autos hinausgehen.
Ein anders Beispiel wäre eine Gehaltsverhandlung mit deiner Führungskraft. Was könnte für dich als Arbeitnehmer noch von Interesse sein?
- Könnte man statt einer Gehaltserhöhung über zusätzliche Urlaubstage sprechen?
- Gibt es eine Weiterbildung, die der Arbeitgeber mit Geld oder einer Freistellung unterstützen könnte?
- Wäre eine Homeoffice-Regelung interessant?
- Gibt es einen Kunden oder Projekt, den bzw. das du gern betreuen oder loswerden möchtest?
Besser verhandeln: Tipps
Wenn du zukünftig besser verhandeln willst, hier also der erste wichtige Tipp:
Wenn du Interesse an einer langfristigen Partnerschaft mit deinem Verhandlungspartner hast, versuche eine Win-Lose-Situation zu vermeiden. Denke darüber nach, wie sich euer Lösungsraum erweitern lässt.
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